Die Durchsetzung einer Minderung im Zivilrecht gegen den
Willen des Vermieters ist nicht unproblematisch. Häufig wird durch Mieter nicht
beachtet, dass sie in einem späteren Prozess neben dem Mangel eine Reihe von
Tatsachen nachweisen müssen, denn nach der Zivilprozessordnung ist jede Partei
dafür verantwortlich, die für sie günstigen Tatsachen vorzutragen und zu beweisen.
1. Beweise sichern
Das meint zunächst, dass der Mieter erklären muss, worin der Mangel besteht, und
diesen gegebenenfalls beweisen. Man sollte also den Mangel detailliert
dokumentieren, so dass sich ein Dritter – der Richter – ohne selber den Mangel
zu sehen, eine Vorstellung von dem Mangel machen kann, selbst wenn er
inzwischen beseitigt wurde. Außerdem muss man beachten, dass die Dokumentation
„gerichtsfest“ ist.
Zur Dokumentation von Mängeln bieten sich vor allem Zeugen,
Fotografien und Beeinträchtigungsprotokolle an. Von besonderer Bedeutung ist hierbei
die Dokumentation durch Zeugen. Z.B. kann durch den Vermieter bestritten
werden, von wann eine Fotografie stammt. Erst im Zusammenhang mit der
Zeugenaussage – „Ich habe die Fotografie am … gefertigt.“ oder „Die Fotografie
gibt den Zustand am … wieder.“ – kann eine Fotografie einen Mangel zu einem konkreten
Zeitpunkt nachweisen. Besonders schwierig ist der Vortrag zu „unsichtbaren“
Mängeln wie z.B. die Beeinträchtigung durch Lärm. Diese sind immer nur zu einem
konkreten Zeitpunkt vorhanden und im Nachhinein schwer nachvollziehbar. Darüber
hinaus ist die Sensibilität indviduell sehr verschieden ausgeprägt. Deshalb ist
hier eine besondere Sorgfalt bei der Dokumentation geboten. Zwar hat der
Bundesgerichtshof die Anforderungen an den Vortrag des Mieters zuletzt deutlich
abgesenkt. Dennoch bleibt es dabei, dass ein Mieter eine konkrete
Beeinträchtigung durch Lärm vortragen muss, durch den die Tauglichkeit der
Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt wird. Aus diesem Grund
empfehle ich auch weiterhin, ein entsprechendes Protokoll über einen längeren
Zeitraum zu führen. Gleiches gilt natürlich auch für andere unsichtbare und
daher schwer dokumentierbare Beeinträchtigungen (z.B. durch Gerüche einer
Gaststätte).
In gravierenden Fällen bzw. für Fälle, bei denen der Verlust
von Beweismitteln droht, gibt es darüber hinaus das sogenannte selbständige
Beweisverfahren (§§ 485 f. ZPO). Hier kann bei Eilbedürftigkeit eine schnelle
Beweissicherung erfolgen.
2. Verwalter/Vermieter über Mangel informieren
Ganz wichtig und für eine Minderung zwingend erforderlich
ist folgender Schritt: Der Mieter hat gem. § 536c BGB den Vermieter
unverzüglich über einen Mangel zu informieren. Zeigt der Mieter den Mangel
nicht an – und kann der Vermieter den Mangel deshalb nicht beseitigen – darf
der Mieter die Miete nicht mindern (§ 536c Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB). Auch für
die Mängelanzeige ist der Mieter beweispflichtig. Es ist eine für ihn
günstige Tatsache, da sein Recht zur Minderung hiervon abhängt.
Ist das Verhältnis zum Vermieter unproblematisch, kann es
ausreichen, den Vermieter selber telefonisch über einen Mangel zu informieren.
Dann sollte man aber von dem Vermieter erwarten, dass er unverzüglich auf die
Mängelanzeige reagiert. Eine weitere einfache Möglichkeit ist ein Schreiben mit
der Bitte um Bestätigung des Empfangs.
Wenn der Vermieter sich nicht kurzfristig auf die
Mängelanzeige meldet, allein telefonisch eine Mängelbeseitigung ankündigt, ohne
anschließend tätig zu werden, oder die Mängelanzeige nicht schriftlich bestätigt,
sollte man eine Form der Mitteilung wählen, die auch später nachweisbar ist.
Z.B. kann man einen Zeugen bei dem Verwalter/Vermieter anrufen und diesen den
Mangel nochmals ausdrücklich melden lassen. Schriftlich ist das Verfahren aufwändiger,
es bietet sich dabei folgende Vorgehensweise an: Am besten fertigt der Zeuge eine Kopie der von
Ihnen unterschriebenen Mängelanzeige, gibt das Original in einen Umschlag und
wirft diesen Umschlag dann persönlich in den Briefkasten des Vermieters bzw.
der Hausverwaltung. Oder er gibt ihn per Einschreiben mit Rückschein bei der
Post auf. Auf der Kopie notiert er sich dann den Vorgang: „Original am [Datum]
in den Briefkasten des Vermieters [Adresse] eingeworfen“ bzw. die Aufgabe bei
der Post.
3. Miete in voller Höhe weiter leisten, aber unter dem
Vorbehalt der Rückforderung
Dringend rate ich jedem Mieter, der die Miete wegen eines
Mangels mindern möchte, diese Minderung nicht direkt umzusetzen sondern die
Miete „in Höhe einer angemessenen Minderung unter dem Vorbehalt der
Rückforderung“ weiter zu leisten. In einem späteren Prozess ist man als Mieter,
wie dargestellt, für verschiedene Tatsachen voll umfänglich beweispflichtig. Zusätzlich
gibt es zur Frage der „angemessenen“ Höhe einer Minderung eine Vielzahl von
Meinungen. Da in den Medien gerne von besonders spektakulären Minderungsquoten
berichtet wird, ohne die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen,
besteht eine sehr erhebliche Gefahr, dass die Minderung zu hoch angesetzt wird.
Letztlich können selbst bei einem offensichtlichen Mangel auch noch rechtliche
Gesichtspunkte einer Minderung entgegenstehen (als Beispiel sei die
Rechtsprechung der Berliner Landgerichte zur Minderung wegen Baulärms auf einem
Nachbargrundstück genannt, s. unter aktuelle Urteile).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der
Vermieter auch bei Mietrückständen, die unterhalb der zwei Monatsmieten liegen
(häufig wird hier von einer Miete Rückstand für mehr als einen Monat gesprochen),
zumindest ordentlich kündigen. Eine solche ordentliche Kündigung lässt sich
auch nicht durch Zahlung innerhalb der Schonfrist beseitigen und ist von den
Auswirkungen nicht sehr viel angenehmer als eine fristlose Kündigung.
Eine Zahlung der Miete unter Vorbehalt vermeidet solche
Weiterungen. Der Minderungsbetrag kann dann später noch bei Gericht eingeklagt
und die Höhe einer angemessenen Minderung durch das Gericht festgestellt
werden. Zusätzlich behält man als Mieter das „Heft des Handelns in der Hand“,
da man selber bestimmt kann, wann man gegebenenfalls zu Gericht geht.
Wichtig ist auch hier, dass man als Mieter später nachweisen
kann, dass man einen solchen Vorbehalt erklärt hat. Zahlt der Mieter die volle
Miete trotz Mangels fort, ohne den Vorbehalt zu erklären, bzw. ohne diesen
später nachweisen zu können, ist eine spätere Rückforderung der zu viel
geleisteten Miete nach Ansicht der meisten Gerichte so gut wie unmöglich.
Sollten Sie sich mit Ihrem Vermieter nicht einigen können
oder aber bereits bei Vorliegen eines Mangels über Ihre Rechte als Mieter
informieren wollen, berate ich Sie natürlich gerne.