In der Praxis wesentlich bedeutsamer als das Luxemburger Sorgerechts-Übereinkommen ist das Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25. Oktober 1980 (HKEÜ), da im Verfahren nach dem HKEÜ nicht erst die Anerkennung einer Sorgerechtsentscheidung betrieben werden muß, sondern unmittelbar die Rückführung des Kindes beantragt werden kann. Dem HKEÜ sind auch wesentlich mehr Staaten der Erde beigetreten. Allerdings wird es in den Vertragsstaaten auch unterschiedlich angewandt. Einige Staaten legen die Ablehnungsgründe für eine Kindesrückführung sehr weit aus, so daß sie letztlich in der Praxis meistens zum Zuge kommen. Andere Staaten wenden die Ablehnungsgründe nur sehr eingeschränkt an, so daß dort der Elternteil, der mit dem Kind ohne Einwilligung des anderen sorgeberechtigten Elternteils aus dem gemeinsamen Aufenthaltsstaat ausgereist ist, nur geringe Chancen hat, eine Rückführung auf gerichtlichen Beschluß zu verhindern.
Der Antrag auf Rückführung eines Kindes kann bei einer Korrespondenzbehörde gestellt werden, die ihn dann der Korrespondenzbehörde in dem anderen Land zuleitet. Dort beginnt ein Gerichtsverfahren, in welchem geprüft wird, ob daß Kind im Sinne con Artikel 3 HKEÜ widerrechtlich ins Ausland verbracht wurde. Der andere Elternteil kann als Antragsgegner nach Artikel 13 HKEÜ in diesem Verfahren einwenden, daß der Antragsteller entweder sein Sorgerecht gar nicht ausgeübt hatte oder daß die Rückführung eine unzumutbare Lage für das Kind verursachen würde oder daß sich das Kind der Rückführung widersetzt und sein Wille beachtlich ist. Wichtig ist auch die Frage, ob dem Antragsteller auf Kindesrückführung nachgewiesen werden kann, daß er sich möglicherweise früher mit der Ausreise einverstanden erklärt hat. Gelingt dies dem Antragsgegner, so weist das Gericht den Rückführungsantrag zurück. Auch verfassungsrechtliche Gründe können angeführt werden, doch ist dies in der Praxis meist nicht sehr erfolgversprechend.