LG Berlin, Urteil vom 26.09.2013
– 67 S 251/13
Mit Urteil vom 26.09.2013 hat das Landgericht Berlin die
Berufung einer Vermieterin zurückgewiesen, die Mieter auf Räumung und
Herausgabe der von ihnen angemieteten Wohnung verklagt hatte.
Der Ausgangsstreit:
Die Parteien waren über einen Wohnraummietvertrag vom 28.03.2003 miteinander
verbunden. Im Zeitraum von November 2011 bis Juli 2012 wurde auf dem
Nachbargrundstück das Gebäude kernsaniert. Die Mieter minderten die Miete in
dieser Zeit um 25%. Die Vermieterin erklärte mit Schreiben vom 12.07.2012 die
fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietvertrages wegen
Zahlungsverzuges. Die Mieter glichen den Rückstand noch innerhalb der Schonfrist
aus.
Die Entscheidung:
Das Landgericht bestätigt die Entscheidung des Amtsgerichts, das die auf Räumung
und Herausgabe gerichtete Klage der Vermieterin abgewiesen hatte. Die fristlose
Kündigung war durch die Zahlung innerhalb der Schonfrist unwirksam. Aber auch
die ordentliche Kündigung beendete das Mietverhältnis nicht, da die Mieter sich
nicht mit der Leistung der Miete im Rückstand befanden. Nach Ansicht des
Landgerichts war die Miete im Zeitraum von November 2011 bis Juli 2012
gemindert. Aufgrund der Kernsanierungsarbeiten auf dem Nachbargrundstück waren
die Mieter zur Minderung der Miete um 25% berechtigt. Dass
Kernsanierungsarbeiten auf dem Nachbargrundstück durchgeführt wurden, war unstreitig.
Solche Arbeiten führen, so das Landgericht, immer zu erheblichen Lärm- und
Staubemissionen, sowie starken Erschütterungen. Dies sei eine offenkundige
Tatsache, sodass das Landgericht nicht einmal eine Beweiserhebung für notwendig
angesehen hat. Die Minderung war auch pauschal zu gewähren, es musste nicht
nach einzelnen Zeitabschnitten differenziert werden. Bei umfangreichen
Bauarbeiten sei es zulässig, selbst ohne konkrete Darlegung des Mieters
bezüglich des qualitativen und quantitativen Ausmaßes der jeweiligen
Bauarbeiten, eine feste Minderungsquote für die gesamte Dauer des Bauvorhabens
zuzusprechen, auch wenn in einzelnen Zeiten keine besonders starken Störungen
stattfinden.
Praxistipp: Die
Frage, ob der Mieter bei einer benachbarten Großbaustelle zur Minderung der
Miete berechtigt ist, war gerade in Großstädten lange Zeit hoch umstritten (so
genannte Baulückenrechtsprechung). Eigentlich war man davon ausgegangen, dass
durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29.04.2015 – VIII ZR 197/14 das Thema abschließend geregelt ist. Die 67. Kammer des Landgerichts
Berlin ist aber anderer Auffassung (LG Berlin, Urteil vom 16.06.2016 – 67 S
76/16).