Mit Urteil vom 04.02.2015 (BGH, Urteil vom 04.02.2015 - VIII ZR 154/14) hat sich der Bundesgerichtshof zu
der Frage positioniert, unter welchen Voraussetzungen der zukünftige
Eigenbedarf für einen Vermieter vorhersehbar ist.
Die Parteien des
Rechtsstreits haben am 14.04.2011 einen unbefristeten Mietvertrag
abgeschlossen. Mit Schreiben vom 08.02.2013 kündigte der Vermieter das
Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs seiner Tochter zum 31.05.2013. Diese hatte
2012 ihr Abitur abgelegt und kehrte nach einem Auslandsjahr nach Deutschland
zurück. Das Landgericht hatte die Klage des Vermieters auf Räumung abgewiesen,
da es der Ansicht war, dass die Eigenbedarfskündigung wegen Rechtsmissbrauchs
unwirksam sei. Dem Vermieter hätten bei Vertragsabschluss hinreichend konkrete
Anhaltspunkte vorgelegen, dass das Mietverhältnis nur von kurzer Dauer sein
würde. Er hätte den Mieter darauf hinweisen müssen, dass eventuell demnächst
Eigenbedarf geltend gemacht wird. Der Mieter hätte mit Abschluss eines
unbefristeten Mietvertrages ein gewisses Vertrauen entwickelt, dass das Mietverhältnis
für einige Zeit Bestand hat.
Der Bundesgerichtshof hat das Urteil aufgehoben. Allein der
Abschluss eines unbefristeten Mietvertrages sei noch nicht ausreichend, damit
der Mieter darauf vertrauen könne, dass dieser nicht alsbald wegen Eigenbedarfs
gekündigt werde. Allein aufgrund der kurzen Dauer zwischen Abschluss des
Mietvertrages und Erklärung der Eigenbedarfskündigung kann sich noch nicht die
Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung ergeben. Vielmehr müssen die
Gesamtumstände gewürdigt werden. Hierbei ist zu ermitteln, ob auf äußere
objektive Umstände zurückgegriffen werden kann, die tragfähige Anhaltspunkte
für den Kenntnisstand des Vermieters bilden.
Die Hürden für die Eigenbedarfskündigung sind äußerst
niedrig. Es ist ausreichend, dass der Vermieter für die Kündigung vernünftige
und nachvollziehbare Gründe hat. Eine Kündigung kann aber ausgeschlossen sein,
wenn sie rechtsmissbräuchlich ist. Von den Instanzgerichten wurde ein solcher
Rechtsmissbrauch häufig angenommen, wenn die Eigenbedarfskündigung zeitnah zu
dem Abschluss des Mietvertrages ausgesprochen wurde. Zeitnah bedeuteten hier
zum Teil bis zu fünf Jahre. Allein diese zeitliche Nähe sollte nach Ansicht der
Instanzrechtsprechung ausreichen, anzunehmen, dass der Vermieter die notwendige
„Bedarfsvorschau“ nicht ausreichend vorgenommen hat. Dieser Ansicht
widerspricht nunmehr der Bundesgerichtshof. Zwar muss auch die zeitliche Nähe
bei der Frage berücksichtigt werden, ob objektive äußere Umstände vorliegen,
die für die Kenntnis des Vermieters von einem baldigen Eigenbedarf sprechen.
Wird eine Eigenbedarfskündigung unmittelbar nach Abschluss eines Mietvertrages
ausgesprochen, dürfte dies immer noch ausreichend sein, um eine Kenntnis des
Vermieters anzunehmen. Je mehr Zeit zwischen Abschluss des Mietvertrages und
Eigenbedarfskündigung liegen, müssen aber weitere objektive Umstände
hinzutreten. Hier muss in Zukunft von Mieterseite umfangreich argumentiert
werden. Vermietern ist zu empfehlen, bereits bei Erklärung der Kündigung
darüber nachzudenken, welche Argumente gegen eine Kenntnis von dem baldigen
Eigenbedarf bestehen.