Mit Urteil vom 16.01.2013 wurde durch das Landgericht Berlin
– Gz. 65 S 419/10 – entschieden, dass bereits eine gebrochene asbesthaltige
Fußbodenfliese ein Mangel der Mietsache ist, der den Mieter zu einer Minderung von
10% der Miete berechtigt.
Bei einer Asbestbelastung der Mietsache ist unstreitig, dass
bei einer bloßen abstrakten Gefährdung, z.B. durch intakte asbesthaltige
Trennwände, kein Recht zur Minderung besteht (LG Berlin, Urteil vom 3.12.2010 –
63 S 42/10). Andererseits hat der Mieter natürlich umfangreiche
Gewährleistungsrechte des Mieters, wenn sich Asbestfasern schon in der Atemluft
befinden. Dann spricht man von einer konkreten Gesundheitsgefährdung.
Immer wieder umstritten ist aber die Fallgestaltung, wenn
zwar keine Asbestfasern in der Atemluft nachgewiesen werden können, die
asbesthaltigen Baumaterialien aber beschädigt sind, so dass man eine
Freisetzung befürchten kann. Einen solchen Fall hatte das Landgericht Berlin zu
entscheiden. In der streitgegenständlichen Wohnung war eine der asbesthaltigen
Fußbodenfliesen gebrochen.
Das Landgericht hat dem Mieter eine Minderung der Miete
zugestanden. In seiner Entscheidung führt es aus, dass ein zur Minderung
berechtigter Mangel dann vorliegt, wenn eine Gesundheitsgefährdung durch
gelöste Fasern besteht. Durch eine Beschädigung der Fliese könnten Asbestfasern
an den Bruchkanten der Fliese freigesetzt werden. Für Asbestfasern gäbe es
keine Wirkschwelle, eine einzige eingeatmete Faser könne eine lebensgefährliche
Krankheit auslösen. Deshalb sei ohne eine fachgerechte Entsorgung der
beschädigten Fliese die mögliche Gesundheitsbeeinträchtigung nicht beseitigt,
sodass die konkrete Gefahr die Wertschätzung und den ungestörten Gebrauch der
Mietsache beeinträchtigt hat. In der Begründung wird insbesondere Bezug
genommen auf ein Urteil des Landgerichts Mannheim aus dem Jahr 1996, in dem dem
Mieter eine Minderung von 15 % für eine astbestbelastete Scheune, in deren
Raumluft keine lungenfähigen Fasern festgestellt wurden, zugestanden wird.
Die Entscheidung des Landgerichts überzeugt. Bei
beschädigten und gebrochenen asbesthaltigen Baumaterialien darf man als Laie
durchaus befürchten, dass Asbestfasern freigesetzt werden können. Erst aufgrund
der Messung der Atemluft durch einen Sachverständigen steht dann (zunächst
einmal) fest, ob tatsächlich eine konkrete Gefahr vorliegt oder nicht. Die
Atemluftmessung kann aber auch immer nur aktuell Gewissheit verschaffen, dass
eine Belastung nicht vorliegt. Ob die sich fortsetzende Ermüdung des Materials
nicht noch dazu führt, dass später Asbest freigesetzt wird, kann man als Laie
schon wieder nicht beurteilen. Aufgrund der bekanntermaßen fehlenden
Wirkschwelle von Asbest ist ein erhebliches Unwohlsein bei einem Aufenthalt in
der Wohnung dann aber nachvollziehbar.
Zunächst einmal ist festzustellen, dass eine gebrochene
Fußbodenfließe unabhängig davon, ob diese astbesthaltig ist oder nicht, ein
Mangel der Mietsache ist. Der Vermieter ist zur Mängelbeseitigung verpflichtet.
Soweit es sich um asbesthaltige Fußbodenfliesen handelt, dürfte neben den
üblichen Gewährleistungsrechten des Mieters auch eine Verpflichtung des
Vermieters bestehen, hier regelmäßig Atemluftmessung in der Wohnung
durchzuführen, um eine konkrete Gefährdung des Mieters auszuschließen.
Ich darf abschließend noch auf meinen Artikel zur
Legionellenbelastung des Trinkwassers verweisen, der eine ganz ähnliche
Thematik zum Gegenstand hat: welche Rechte hat ein Mieter, dessen Trinkwasser
zwar über den Grenzwert hinaus belastet ist, wenn dabei aber noch keine
konkrete Gesundheitsgefährdung bejaht werden kann. Reicht der Ekel bzw. die
Angst vor Krankheiten aus, um eine Mietminderung zu rechtfertigen?