Wie
kann ich als Altmieter Miete sparen?
In Zeiten schnell steigender Mieten müssen immer mehr
Mieter darüber nachdenken, wie sie die Kosten für ihre Wohnung senken können.
Die Mietpreisbremse ist nur für Neuanmietungen interessant und wird derzeit
durch das Bundesverfassungsgericht auf ihre Verfassungsmäßigkeit geprüft. Eine
aus meiner Sicht für Bestands-/Altmieter effektive, aber erstaunlich selten
genutzte Möglichkeit Miete einzusparen, ist diese an die tatsächliche Größe der
Wohnung anzupassen. Hier hat sich die Rechtsprechung in den letzten Jahren
stark zu Gunsten der Mieter verändert, was bislang aber noch selten genutzt
wurde.
Flächenabweichung
Wir sprechen von einer „Flächenabweichung“, wenn die in dem Mietvertrag
vereinbarte und die tatsächliche Fläche der Wohnung nicht übereinstimmen. Wie
ein Dozent in einer Fortbildung einmal erklärte, haben viele Mieträume die
erstaunliche Eigenschaft, im Laufe ihrer Nutzung beständig zu wachsen.
Flächenabweichungen sind daher nicht selten und zumindest in Berlin besteht
eine erhebliche Wahrscheinlichkeit, dass eine Vielzahl von Wohnungen von einer
solchen Flächenabweichung betroffen sind (hierzu unten mehr).
Die 10+% Grenze bis 2015
Bis zum Jahr 2015 war eine solche Flächenabweichung eigentlich nur dann von
Interesse, wenn die tatsächliche Fläche um mehr als 10% von der vereinbarten
Fläche abgewichen ist (ich spreche im Folgenden einfach von der 10+% Grenze).
Seit dem Jahr 2004 (BGH, Urteil vom 24.03.2004 - VIII ZR 295/03) war es
ständige Rechtsprechung des BGH, dass eine Flächenabweichung regelmäßig erst ab
dieser Grenze von Bedeutung sein soll. Wenn diese 10+%-Grenze überschritten
wird, hat der Mieter (auch weiterhin) neben dem Anspruch auf Anpassung der
Miete (hier bis zur nächsten Mieterhöhung als Recht zur Minderung) eine Reihe
von weiteren Ansprüchen und Rechten (mehr dazu in meinem Beitrag „Flächenabweichungen:
Rechte und Ansprüche des Mieters“).
Allerdings war die Grenze von 10+% so hoch angesetzt, so
dass nur ein geringer Teil der Mieter von einer solchen Flächenabweichung
profitierten. Lag die Flächenabweichung unter dieser Grenze, konnte bislang der
Vermieter sogar die Miete auf Grundlage der fehlerhaften Fläche erhöhen.
Die Rechtsprechungsänderung des
Bundesgerichtshofs
Mit Urteil vom 18.11.2015 - VIII ZR 266/14 folgte dann aber eine bedeutende
Änderung in der Rechtsprechung des BGH, die die Frage einer Flächenabweichung
wieder für eine große Anzahl von Mietern bedeutsam werden ließ. Der BGH
entschied jetzt, dass im Falle einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen
Vergleichsmiete die zulässige Miete sich immer nach der tatsächlichen Fläche
der Wohnung berechnet (es sei denn, die Parteien haben etwas Anderes
ausdrücklich vereinbart). Möchte der Vermieter die Miete erhöhen, ist Grundlage
für die Berechnung der neuen Miete regelmäßig die tatsächliche Fläche der
Wohnung.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs kann, je nach
Umfang der Flächenabweichung, dazu führen, dass man als Bestandsmieter die
nächste Mieterhöhung mit einer Anpassung der Fläche quasi verrechnen kann.
Weiter ist es aufgrund der Begründung des BGH sehr wahrscheinlich, dass auch
die Betriebs- und Heizkosten nach der tatsächlichen Fläche der Wohnung zu
berechnen sind.
In Berlin ein Großteil der Balkone, Terrassen
und Loggien zu groß berechnet?
Gerade
in Berlin wird es, wenn eine Entscheidung der 18. Kammer des Landgerichts durch
den BGH nicht aufgehoben wird, eine große Zahl von Wohnungen geben, deren
Mietverträge solche kleinen Flächenabweichungen aufweisen. Eventuell kann
aufgrund dieser Entscheidung eine Flächenabweichung, die bislang unter 10+%
lag, über diese Grenze gehoben werden.
Im Ergebnis hat die 18. Kammer
des Landgerichts mit Urteil vom 17.01.2018 – 18 S 308/18
entschieden, dass für Wohnungen, die nach 2003 vermietet wurden und für die
keine abweichende Berechnung vereinbart wurde, die Flächen von Balkonen,
Loggien, Wintergärten und Terrassen entsprechend der Wohnflächenverordnung (§ 4
Nr. 4 WoFlV) regelmäßig nur mit 25% ihrer Fläche als Wohnfläche zu
berücksichtigen sind. Für eine Anrechnung mit bis zu 50% ihrer Fläche trägt der
Vermieter die Darlegungs- und Beweislast. Wie sich aus der Entscheidung selber
ergibt, wurden in Berlin, wohl in fehlerhafter Anwendung geltenden Rechts, in
einer sehr großen Anzahl von Fällen Balkone tatsächlich mit 50% ihrer Fläche
der Wohnfläche zugerechnet. Gegen die Entscheidung der 18. Kammer wurde zwar
Revision zum BGH eingelegt. Wird die Entscheidung nicht aufgehoben, könnten
eine große Anzahl von Mietern in Berlin von den dann bestehenden
Flächenabweichungen profitieren.
Kann sogar in der Vergangenheit zu viel
gezahlte Miete zurückgefordert werden?
Eine weitere Entscheidung des AG Frankfurt am Main aus dem Jahr 2017 (AG
Frankfurt am Main, Urteil vom 31.08.2017 – 33 C 864/17) verdeutlicht, dass über
die bloße Berücksichtigung bei der nächsten Mieterhöhung kleinere
Flächenabweichungen für Mieter in Zukunft sogar noch weitergehend finanziell
interessant sein können.
Die Entscheidung beschäftigt sich mit der Frage, wie mit
Mieterhöhungen aus der Vergangenheit umgegangen wird, die noch aufgrund der zu
großen Flächen berechnet wurden. Nach Ansicht des Amtsgerichts wird nicht nur
die neue Miete nach der richtigen Fläche berechnet. Hatte der Mieter in der
Vergangenheit einer Mieterhöhung zugestimmt, der er aufgrund der geringeren
Fläche nicht hätte zustimmen müssen, kann er die dann zu viel geleistete Miete
aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zurückfordern.
Selbst wenn man diese weitreichende Forderung nicht umsetzen
möchte, um das Mietverhältnis nicht zu sehr zu belasten, kann es sich anbieten,
mit dem Vermieter über eine zeitweise Aussetzung weiterer Mieterhöhungen im
Gegenzug zu einem Forderungsverzicht zu verhandeln.
Fazit
Aufgrund
der oben dargestellten Entscheidungen besteht für eine erhebliche Anzahl von
Mietern die Möglichkeit, jedenfalls zunächst Mieterhöhungen zu begrenzen und
eventuell sogar erhebliche Forderungen auf Rückzahlung überbezahlter Miete
gegen den Vermieter zu verfolgen. Als Mieter sollte man sich daher die Zeit
nehmen, zunächst einmal selbständig die Wohnung auszumessen und, sollte eine
Flächenabweichung wahrscheinlich sein, sich über seine Rechte beraten lassen.