LG Berlin, Urteil vom 22.03.2017
– 65 S 285/16
Muss ein Vermieter, der seinem Mieter auf unbestimmte Zeit
eine Untervermietung gestattet hat, ohne Einschränkungen eine solche
Untervermietung tolerieren? Mit dieser Frage hat sich das Landgericht Berlin in
einem Urteil vom 22.03.2017 auseinandergesetzt.
Der Ausgangsstreit: Die
Parteien sind über einen Wohnraummietvertrag miteinander verbunden. Im Jahr
1999 gestattete die Vorvermieterin den Mietern, weil diese zumindest zeitweise
aus der Wohnung auszogen, die unbefristete Untervermietung der gesamten
Wohnung. Ein Widerrufsvorbehalt wurde nicht vereinbart. Nachdem die neue
Vermieterin das Objekt im Jahr 2006 erwarb, erklärte sie mit Schreiben vom
06.07.2010 den Widerruf der Untervermieterlaubnis. Sie wiederholte diesen
Widerruf mit Schreiben vom 30.07.2014. Mit Schreiben vom 22.09.2014 erklärte
sie dann die ordentliche Kündigung, da die Mieter trotz Widerrufs der Untervermieterlaubnis
die Wohnung weitervermieteten. Die Mieter hatten seit Beginn der
Untervermieterlaubnis ihren Lebensmittelpunkt nicht mehr in der
streitgegenständlichen Wohnung. Diese wurde vielmehr dauerhaft an wechselnde
Untermieter (unter-)vermietet.
Die Entscheidung:
Nachdem das Amtsgericht die Klage der Vermieter abgewiesen hatte, verurteilte
das Landgericht auf die Berufung der Vermieterin die Mieter zur Räumung. Nach
Ansicht des Landgerichts haben die Mieter ihre mietvertraglichen Pflichten in
nicht nur unerheblichem Maße verletzt (§ 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB), da sie
die Untervermietung der streitgegenständlichen Wohnung nach einem wirksamen
Widerruf der Genehmigung fortgesetzt haben. Unstreitig ist, dass ein Vermieter
zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt sein kann, wenn der Mieter die
Wohnung unbefugt einem Dritten zum Gebrauch überlässt. Fraglich war, ob die
Vermieterin zum Widerruf der Untervermieterlaubnis berechtigt war. Nach Ansicht
des Landgerichts ist ein einseitiges Widerrufrecht durch den Vermieter möglich,
wenn ein entsprechender Vorbehalt vereinbart wurde oder ein wichtiger Grund zum
Widerruf der Erlaubnis bestand. Da hier ein entsprechender Vorbehalt nicht
vereinbart wurde, müsste ein wichtiger Grund zum Widerruf der Erlaubnis vorliegen.
Hierbei orientiert sich die Rechtsprechung an den Gründen, die gem. § 543 BGB
zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen. Bei der Kündigung
aus wichtigem Grund kann dem Mieter der Gebrauch der Mietsache vollständig
entzogen werden. Deshalb müsse ein Widerruf aus wichtigem Grund erst Recht
möglich sein, wenn dem Mieter nur teilweise (durch die Ablehnung der
Untervermietung) der Gebrauch der Mietsache entzogen wird. Der Grund muss aber
nicht so schwer wiegen, dass dem Vermieter die Fortsetzung des
Mietverhältnisses unzumutbar wird. Bei der Beurteilung, ob ein wichtiger Grund
vorliegt, ist vor allem auf den Umfang der Erlaubnis abzustellen und zu fragen,
ob das Nutzungsverhalten des Mieters von der Erlaubnis noch gedeckt ist. Das
Landgericht kommt zu dem Ergebnis, dass dies vorliegend nicht mehr der Fall ist.
Hierbei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Mieter bereits seit nunmehr
17 Jahren ihren Lebensmittelpunkt nicht mehr in der streitgegenständlichen
Wohnung haben. Eine Aussicht, in diese Wohnung zurückzukehren, besteht derzeit
nicht. Die fortgesetzte Untervermietung, obwohl kein Wille zur Rückkehr
besteht, ist dem Vermieter nicht zuzumuten.
Praxistipp: Das
Urteil zeigt, dass, sobald das Gericht eine Auslegung von Willenserklärungen
vornehmen muss, da die Parteien keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen
haben, verschiedene Ergebnisse möglich sind. Das Amtsgericht hatte ja noch die
Räumungsklage abgewiesen, da nach seiner Ansicht die Genehmigung zur
Untervermietung nicht widerrufen werden durfte. Die Erlaubnis der
Untervermietung wurde gerade anlässlich des Auszugs der Mieter erteilt. Daher
muss man nicht notwendig darauf abstellen, dass der Mieter nicht wiederkommen
möchte. Dem hätte z.B. durch eine Befristung der Untermieterlaubnis Rechnung getragen
werden können. Auf eine solche Hilfestellung durch das Gericht sollte man sich jedoch
als Vermieter nicht verlassen und in Zustimmungen zur
Untervermietung eine Befristung vorsehen.