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Arbeitsrecht: |
Sonderkündigungsschutz während Mutterschutz und Elternzeit |
von Rechtsanwältin Jacqueline Stieglmeier |
Sonderkündigungsschutzvorschriften
Sonderkündigungsschutzvorschriften gewähren Arbeitnehmern, die sich
in einer besonderen Situation befinden einen erweiterten
Kündigungsschutz.
Gemäß § 9 Mutterschutzgesetz (MuSchG) ist die Kündigung einer
schwangeren Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier
Monaten nach der Entbindung verboten. Durch das Kündigungsverbot werden
alle Arbeitnehmerinnen, Heimarbeiterinnen und Auszubildende geschützt,
wenn ein wirksamer Arbeitsvertrag oder Ausbildungsvertrag vorliegt. Für
den Mutterschutz spielt es keine Rolle, wie lange das Arbeitsverhältnis
besteht, ob eine Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung ausgeübt wird.
Auch Hilfskräfte haben Anspruch auf Mutterschutz, so dass das
Mutterschutzgesetz Anwendung findet. Der Kündigungsschutz beginnt mit
der Schwangerschaft, wenn der Arbeitgeber hiervon Kenntnis hat. Ist das
nicht der Fall, hat die Arbeitnehmerin zwei Wochen, gerechnet ab Zugang
der Kündigung, Zeit die Mitteilung über die Schwangerschaft nachzuholen.
Wird die Frist versäumt ist das unschädlich, wenn die Schwangere
unverschuldet nicht in der Lage war dem Arbeitgeber rechtzeitig die
Mitteilung von ihrer Schwangerschaft zu machen, § 9 Absatz 1 MuSchG. Die
Überschreitung der Zweiwochenfrist schadet dann nicht. Die Mitteilung
an den Arbeitgeber ist allerdings unverzüglich nachzuholen. Stimmt die
Arbeitsschutzbehörde zu, ist eine Kündigung trotz Schwangerschaft
während des Mutterschutzes in Ausnahmefällen möglich, § 9 Absatz 3
MuSchG.
Auch während der Elternzeit gilt gemäß Gesetz zum Elterngeld und zur
Elternzeit (BEEG) ein besonderer Kündigungsschutz in dessen Genuss alle
Arbeitnehmer, Auszubildenden und die in Heimarbeit Beschäftigten sowie
ggf. die ihnen Gleichgestellten, kommen. Der Sonderkündigungsschutz gilt
ab dem Zeitpunkt, von dem an das Elternteil Elternzeit verlangt. Der
Sonderkündigungsschutz beginnt aber höchstens acht Wochen vor Beginn der
Elternzeit und dauert bis zu dessen Beendigung an, § 18 BEEG. Wechseln
sich die Eltern ab, gilt der besondere Kündigungsschutz für den jeweils
sich in Elternzeit befindlichen Elternteil. Sind beide Elternteile
gleichzeitig in Elternzeit gilt für beide der Kündigungsschutz. In
besonderen Fällen ist eine Kündigung während der Elternzeit möglich,
wenn die Arbeitsschutzbehörde zustimmt, § 18 Absatz 1 BEEG. Befristete
Arbeitsverhältnisse enden ohne Kündigung und werden durch die Elternzeit
nicht verlängert.
Schwerbehinderung
Menschen mit Schwerbehinderung steht gleichfalls ein besonderer
Kündigungsschutz zu, der im SGB IX, dort in §§ 85 – 92 geregelt ist.
Voraussetzung für das Eingreifen des Kündigungsschutzes nach SGB IX ist
das Vorliegen einer Behinderung mit einem Grad von mindestens 50 % oder
einer Gleichstellung. Weiter wird vorausgesetzt, dass das
Arbeitsverhältnis des schwerbehinderten Arbeitnehmers zum Zeitpunkt des
Zugangs der Kündigungserklärung ohne Unterbrechung länger als sechs
Monate besteht und der Nachweis der Schwerbehinderung ebenfalls zu
diesem Zeitpunkt vorliegt. Eine nachträgliche Feststellung der
Schwerbehinderung ist möglich, wenn der Betroffene beim Versorgungsamt
bereits einen Antrag auf Feststellung eingereicht hatte, der ohne
Verschulden des Arbeitnehmers nicht mehr rechtzeitig beschieden werden
konnte. Der Arbeitnehmer kann sich in dem Fall unter Umständen ebenfalls
auf den Sonderkündigungsschutz berufen. Hat der Arbeitgeber Kenntnis
von der Schwerbehinderung, kann eine ordentliche oder außerordentliche
Kündigung nur ausgesprochen werden, wenn zuvor die Zustimmung des
Integrationsamtes eingeholt worden ist, § 85 SGB IX. Die Kündigungsfrist
für einen schwerbehinderten Menschen beträgt mindestens vier Wochen, §
86 SGB IX. Das Integrationsamt muss bei einer ordentlichen Kündigung
ggf. die Stellungnahme des Betriebsrates und der
Schwerbehindertenvertretung einholen und den schwerbehinderten
Arbeitnehmer Mitarbeiter anhören. Hat das Integrationsamt die Zustimmung
erteilt muss der Arbeitgeber innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Bescheides die Kündigung aussprechen. Handelt es sich um eine
außerordentliche Kündigung ist der Antrag auf Zustimmung beim
Integrationsamt vom Arbeitgeber innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis
des Kündigungsgrundes zu stellen, § 91 SGB IX. Die Zustimmung durch das
Integrationsamt gilt als erteilt, wenn es nicht innerhalb von zwei
Wochen eine anderweitige Entscheidung trifft. Da wegen des
Anhörungsverfahrens die Frist des § 626 BGB häufig überschritten sein
wird, kann die außerordentliche Kündigung noch nach Ablauf dieser Frist
erklärt werden kann. Jedenfalls, wenn die außerordentliche Kündigung
unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung ausgesprochen wird.
Mitgliedern eines Betriebsrats
Auch den Mitgliedern eines Betriebsrats wird gemäß §15 KSchG ein
besonderer Kündigungsschutz gewährt. Handelt es sich um ein befristetes
Arbeitsverhältnis endet es allerdings wie vorgesehen. Während der
Geltung des besonderen Kündigungsschutzes ist nur der Ausspruch einer
außerordentlichen Kündigung möglich. Diese Einschränkung gilt für
sämtliche Kündigungsarten, somit auch für Änderungskündigungen. Der
Sonderkündigungsschutz für Betriebsräte beginnt mit der Übernahme des
geschützten Amtes und endet, wenn der Arbeitnehmer dies nicht mehr
innehat. An die Amtsinhaberschaft schließt sich ein Nachwirkungszeitraum
von einem Jahr an. Während der Amtszeit muss der Betriebsrat der
Kündigung zuzustimmen, im Nachwirkungszeitraum reicht die Anhörung. Die
ordentliche Kündigung ist aber weiterhin nicht möglich.
Während des Bestehens eines Berufsausbildungsverhältnisses besteht
gemäß § 22 Berufsbildungsgesetz ein Sonderkündigungsschutz. Während der
Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis ohne Einhaltung einer Frist
gekündigt werden. Nach der Probezeit ist eine Kündigung nur aus
wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist möglich. Die
Kündigung muss schriftlich erfolgen. Die Kündigungsgründe müssen
angegeben werden.
Familienpflegezeitgesetz (FPfZG)
Seit Januar 2012 gilt das neue Familienpflegezeitgesetz (FPfZG), dass
die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege von Familienangehörigen besser
ermöglichen soll, § 1 FPfZG. Arbeitnehmer können nach den Regeln des
Familienpflegezeitgesetztes für die Dauer von 24 Monaten die Arbeitszeit
reduzieren, während das Arbeitsentgelt gleichzeitig aufgestockt wird, §
2 FPfZG. Im Anschluss an die Familienpflegezeit wird die Reduzierung
der Arbeitszeit wieder aufgehoben, während das Arbeitsentgelt reduziert
bleibt und so die Bezuschussung des Lohnes während der
Familienpflegezeit wieder ausgeglichen. Für die Inanspruchnahme der
Pflegezeit ist eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber notwendig. Dem
Arbeitgeber wird in Höhe der Aufstockung ein zinsloses Darlehen gewährt,
das in monatlichen Raten ausgezahlt wird. Der Arbeitgeber darf das
Beschäftigungsverhältnis während der Inanspruchnahme der
Familienpflegezeit und der Nachpflegephase nicht kündigen, es besteht
insoweit ein Sonderkündigungsschutz, § 9 FPfZG. In besonderen Fällen
kann ausnahmsweise eine Kündigung für zulässig erklärt werden. Die
Zulässigkeitserklärung erfolgt durch die für den Arbeitsschutz
zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle, § 9
FPfZG.
Pflegezeitgesetz (PflegeZG)
Das weiterhin geltende Pflegezeitgesetz (PflegeZG) enthält ebenfalls
einen besonderen Kündigungsschutz. Auch mit dem Pflegezeitgesetz soll
die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf verbessert werden. Damit der
Sonderkündigungsschutz Anwendung findet müssen einige Voraussetzungen
des Pflegezeitgesetztes erfüllt sein: Der Arbeitnehmer muss kurzfristig
eine Pflege organisieren müssen, § 2 PflegeZG oder selber pflegen
wollen, § 3 PflegeZG. Geschützt sind alle Arbeitnehmer, Auszubildenden,
arbeitnehmerähnliche Personen, d. h. auch die in Heimarbeit
Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten. Pflegezeit im Sinne von § 3
PflegeZG von bis zu sechs Monaten können Arbeitnehmer nur in Anspruch
nehmen wenn der Arbeitgeber mehr als fünfzehn Mitarbeiter beschäftigt.
Die kurzzeitige Verhinderung wegen einer akuten Pflegesituation gemäß § 2
PflegeZG ist dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. Beginn der
Verhinderung und Dauer der Pflegezeit sind anzugeben. Ab Ankündigung der
kurzzeitigen Verhinderung besteht der besondere Kündigungsschutz,
ansonsten wenn die kurzzeitige Arbeitsverhinderung eintritt, bis zu
deren Ende. Bei Inanspruchnahme von Pflegezeit beginnt der
Kündigungsschutz mit der Ankündigung, die zehn Tage vorher schriftlich
erfolgen muss. Das Pflegezeitgesetz erlaubt in besonderen Fällen ein
Kündigung, wenn die für den Arbeitsschutz zuständige oberste
Landesbehörde oder eine von ihr bestimmte Stelle die Kündigung zuvor für
zulässig erklärt hat.
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Rechtsanwältin Jacqueline Stieglmeier |
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Kanzlei Stieglmeier |
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Tätigkeitsschwerpunkte: Arbeitsrecht, Arzthaftungsrecht, Mietrecht |
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<b>Interessenschwerpunkte:</b> Kassenarztrecht, Werkvertragsrecht, Medizinrecht |
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Beitrag erstellt am Dienstag, 23. August 2016
Letzte Aktualisierung: Dienstag, 23. August 2016
Verantwortlich für den Inhalt dieses Beitrags: Rechtsanwältin Jacqueline Stieglmeier
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