BGH, Urteil vom 04.04.2007 – VIII
ZR 223/06
Mit Urteil vom 04.04.2007 hat der Bundesgerichtshof
entschieden, dass bei einem mehrjährigen Kündigungsverzicht auch im
Wohnraummietrecht die Schriftform des § 550 S. 1 BGB eingehalten werden muss.
Der Ausgangsstreit:
Die Parteien sind über einen Wohnraummietvertrag aus dem Jahr 1991 miteinander
verbunden. Die Vermieter waren nachträglich gem. § 566 Abs. 1 BGB durch Kauf
des Grundstücks in den Mietvertrag mit dem Mieter eingetreten. In dem
Mietvertrag wurde am Ende unter § 27 auf „Anlagen“ zu dem Mietvertrag verwiesen.
Die Vermieter kündigten den Mietvertrag mit Schreiben vom 26.08.2002 und vom
31.08.2004 wegen Eigenbedarfs für ihre erwachsene Tochter. Die Mieter
widersprachen der Kündigung unter anderem deswegen, weil in der von ihnen
vorgelegten Anlage zu § 27 des Mietvertrages erklärt wird, dass der Vermieter auf
eine Kündigung wegen Eigenbedarfs verzichtet. Die Vermieter wiederum legten
eine Version der Anlage zu § 27 des Mietvertrages vor, in der das Recht zur
Kündigung nicht eingeschränkt wurde. Bei beiden Versionen der Anlage zu § 27
handelte es sich um ein einzelnes, loses Blatt mit der Überschrift „§ 27 –
Sonstige Vereinbarungen“, ohne weitere Hinweise auf ein bestimmtes
Mietverhältnis, ohne Unterschrift oder Paraphe.
Die Entscheidung:
Der Bundesgerichtshof bestätigt die Entscheidung des Berufungsgerichts, das den
Mieter zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt hatte. Auf die Frage,
welche der beiden Anlagen tatsächlich vereinbart wurde, kommt es nicht an, denn
beide Versionen verstoßen gegen die – nach Ansicht des BGHs – notwendige
Schriftform des § 550 S. 1 BGB. Nach § 550 S. 1 BGB gilt ein Mietvertrag, der
nicht in schriftlicher Form geschlossen wird, für unbestimmte Zeit. Die Vorschrift
verfolgt v.a. den Zweck, es dem Grundstückserwerber, der in einen bestehenden
Mietvertrag eintritt, zu ermöglichen, sich über den Umfang der auf ihn
übergehenden Bindung vollständig zu unterrichten. Ein Hauptzweck ist daher der
Schutz des Informationsinteresses eines potentiellen Grundstückserwerbers. Ein Kündigungsausschluss,
z.B. der Ausschluss der Eigenbedarfskündigung, schränkt die Rechte eines
Erwerbers aber so erheblich ein, dass ein solches Informationsinteresse
besteht. Deshalb muss § 550 S. 1 BGB auch im Fall eines Kündigungsausschlusses,
der für längere Zeit als ein Jahr gelten soll, eingehalten werden.
Praxistipp: Die
Schriftform ist vor allem ein Thema im Gewerberaummietrecht. Wird gegen das Gebot
zur Einhaltung verstoßen, ist nach § 550 S. 1 BGB die Folge, dass der Vertrag
für unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde. Verträge auf unbestimmte Zeit sind im
Wohnraummietrecht aber die Regel. In bestimmten Konstellationen muss aber auch im
Wohnraummietrecht auf die Einhaltung der Schriftform geachtet werden, unter
anderem: bei Ausschluss des Rechts zur Kündigung, bei beidseitigem Ausschluss
des Rechts zur ordentlichen Kündigung für einen bestimmten Zeitraum, bei
Zeitmietverträgen (§ 575 BGB), bei Vereinbarung einer Staffelmiete (§ 557a BGB)
und Vereinbarung einer Indexmiete (§ 557b BGB).