Tritt in einer angemieteten Wohnung oder einem Gewerbeobjekt
Schimmelpilz auf, so kann der Mieter, soweit er dessen Auftreten nicht selber
verschuldet hat, eine Reihe von Ansprüchen und Rechten gegen den Vermieter
geltend machen. In diesem Beitrag sollen diese kurz dargestellt werden:
1. Mängelbeseitigung
Zunächst hat der Mieter gegen den Vermieter gem. § 535 Abs.
1 S. 2 BGB natürlich einen Anspruch darauf, dass dieser den Mangel beseitigt.
Wie der Vermieter seiner Verpflichtung nachkommt, ist
zunächst einmal seine Entscheidung. Die Art und Weise der Beseitigung von Feuchtigkeit
oder Schimmelpilz wird durch den Vermieter bestimmt. Verweigert man als Mieter
eine Beseitigungsmaßnahme, da man meint, diese sei nicht ausreichend, riskiert
man nicht nur den Verlust des Rechts zur Minderung, sondern kann sogar wegen
der Verhinderung von Instandsetzungsmaßnahmen gekündigt werden (BGH,
Versäumnisurteil vom 15.04.2015 – VIII ZR 281/13).
Praxistipp: Natürlich besteht die Gefahr, dass der Vermieter
aus Kostenersparnis alleine den Schimmelpilz oberflächlich beseitigt, nicht aber
den dafür ursächlichen baulichen Mangel. Es kann sich als Mieter dann anbieten,
dem Handwerker Zutritt zur Wohnung zu gewähren, aber ein gerichtliches
selbstständiges Beweisverfahren zu beginnen, um die Ursachen einer
Schimmelpilzbildung und die zur Beseitigung notwendigen Maßnahmen gerichtsfest
feststellen zu lassen.
Der Vermieter muss die Reparaturmaßnahme vernünftig
ankündigen (§ 555a Abs. 2 BGB) und eine Reparaturmaßnahme kann ausnahmsweise unzulässig
sein, wenn sie zu einer Änderung des vertragsgemäßen Gebrauches führt (bspw. die
nutzbare Wohnfläche verringert).
Vor Beginn des Mietervertrages: Ist einem bereits bei
Vertragsschluss oder vor Übergabe der Wohnung bekannt, dass es Schimmel in der
Wohnung gibt, muss man sich seine Rechte ausdrücklich vorbehalten. In § 536b
BGB ist nämlich geregelt, dass man als Mieter ansonsten kein Recht auf
Mietminderung oder Anspruch auf Schadens- und Aufwendungsersatz geltend machen
kann. Es bleibt dann nur der Anspruch auf Beseitigung des Mangels, dessen
Durchsetzung in einem Rechtsstreit aber mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann.
Nur in Ausnahmefällen, wenn sich der Mangel erheblich verschlechtert (bei
Übergabe ein kleiner Schimmelfleck, nach zwei Monaten, ohne dass der Mieter zum
Pinsel gegriffen hat, eine vielfarbige Wand), können die Gewährleistungsrechte
wieder aufleben.
2. Aufwendungsersatzanspruch
Gemäß § 536a Abs. 2 BGB kann der Mieter den Mangel selbst
beseitigen und ersatzweise die erforderlichen Aufwendungen, also den Ersatz der
Kosten der Beseitigung, verlangen. Hier heißt es aber aufzupassen. Der
Aufwendungsersatzanspruch ist nur unter ganz bestimmten Bedingungen
durchsetzbar (bspw. wenn der Vermieter sich mit der Beseitigung des Mangels im
Verzug befindet).
Informativ hierzu ist die Entscheidung des AG Saarbrücken
vom 24.08.2016 – 3 C 490/15.
Praxistipp: Viele Rechte aufgrund von Mängeln kann
man als Mieter erst dann wahrnehmen, wenn man den Vermieter wegen der
Mängelbeseitigung entweder abgemahnt oder ihm eine Frist zur Mängelbeseitigung
gesetzt hat. Dabei kann die Abmahnung bereits mit der Mängelanzeige erklärt
werden, indem der Vermieter eindeutig zur Mängelbeseitigung aufgefordert wird. Um
sich sämtliche Handlungsoptionen offen zu halten und dem Vermieter die
Dringlichkeit der Situation zu verdeutlichen, empfehle ich, immer zur
Beseitigung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Das kann ja auch in
freundlichen Worten geschehen („darf ich
mir erlauben, mir für die Beseitigung des oben mitgeteilten Mangels eine Frist
von … zu notieren“). Bitte beachten Sie, dass Sie als Mieter für den Zugang
der Abmahnung darlegungs- und beweispflichtig sind.
3. Mietminderung
Sobald ein mehr als nur unerheblicher Mangel auftritt, hat
man als Mieter gem. § 536 Abs. 1 S. 2 BGB das Recht, die Miete angemessen zu mindern.
Eine Minderung kann aber ausgeschlossen sein, bspw. wenn der
Mangel dem Vermieter nicht angezeigt wird und der Vermieter nicht auf anderem
Wege Kenntnis von dem Mangel erhalten hat (§ 536 c Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB).
Nach der Rechtsprechung ist es dem Mieter aus Treu und Glauben auch dann
verwehrt, die Miete zu mindern, wenn er eine ihm zumutbare Mitwirkung an der
Beseitigung der Schimmelpilzbildung unterlässt oder verweigert (also
beispielsweise von dem Vermieter beauftragte Handwerker nicht in das Objekt lässt
bzw. dies an unzulässige Bedingungen knüpft, BGH, Urteil vom 13.05.2015 – XII
ZR 65/14).
Praxistipp: Liegt unstreitig ein Mangel vor, wendet
der Vermieter nicht selten ein, dass der Mieter Handwerker nicht in die Wohnung
gelassen hat. Als Mieter befindet man sich – prozessual – in einer schwierigen
Situation, da der von dem Vermieter bezahlte Handwerker als Zeuge in dem
Rechtsstreit auftreten kann und die Erinnerung des Handwerkers sich häufig deutlich
von der des Mieters unterscheidet. Kontakte mit Handwerkern muss man als Mieter
deshalb sorgfältig protokollieren. Und noch einmal: die Art und Weise der
Mängelbeseitigung bestimmt zunächst einmal der Vermieter.
Will man eine Mietminderung gleich umsetzen (wovon ich im
Regelfall dringend abrate), sollte man in jedem Fall
zunächst in den Mietvertrag schauen, ob sich dort Regelungen zur Mietminderung
finden. Jedenfalls in der Gewerberaummiete kann das Recht zur Minderung so
eingeschränkt werden, dass der Mieter weiter verpflichtet ist, die Miete in
voller Höhe zu bezahlen, ihm aber die Möglichkeit verbleibt, die zu viel
gezahlte Mietzahlung nachträglich zurückzuverlangen (Entscheidung zu einer zu
weit reichenden Einschränkung, BGH, Urteil vom 06.04.2016 - XII ZR 30/15).
Zur Minderungshöhe: Theoretisch soll die
Beeinträchtigung des Gebrauchs der Mietsache in Verhältnis zu dem Gesamtwert
der Leistung bewertet werden. Also, ist in einer Wohnung mit fünf Zimmern
allein ein Zimmer vom Schimmel betroffen, ist zu bewerten, welchen
„Nutzungswert“ das eine Zimmer zu der restlichen Wohnung einschließlich Küche,
Badezimmer und Nebenflächen hat (ist das Zimmer normal groß, ist alleine ein
Fünftel des Wohnbereichs betroffen und die Möglichkeit zum Kochen und Duschen
besteht weiterhin). Der Gebrauchswert des einen Zimmers wird daher höchstens
zwischen 10% und 15% liegen. Anschließend muss man bewerten, wie stark die
Nutzung des betroffenen Zimmers beeinträchtigt ist. Zu einer Minderung von 15%
kann man höchstens dann gelangen, wenn aufgrund des Schimmelbefalls das Zimmer
überhaupt nicht mehr nutzbar ist (oder man kann damit argumentieren, dass ein
muffiger Geruch auch die Nutzung der übrigen Räume beeinträchtigt, man
gezwungen ist, stärker zu heizen, und sich die Heizkosten erhöhen, etc.). Eine
Minderung der Miete von 100% ist deshalb nur in extremen Ausnahmefällen möglich.
Um zu einer solchen Minderung zu gelangen, darf die Wohnung noch nicht einmal
zum Abstellen von Gegenständen genutzt werden können.
Achtung: Recherchiert man im Internet nach Minderungsquoten
muss man gründlich vorgehen. Ganz falsch ist es, alleine nach der höchsten
Quote zu schauen und, nachdem man diese gefunden hat, die Recherche zu beenden.
Die von den Gerichten ausgeworfenen Quoten beziehen sich immer auf den
konkreten Einzelfall. Liegt die Entscheidung eines Gerichts zur Höhe der
Minderung nicht vollständig (also einschließlich Begründung) vor, kann sich aus
der Zusammenfassung häufig der Zusammenhang nicht erschließen. Und auch Richter
sind Menschen, zum Teil – und besonders häufig bei extremen Entscheidungen – sind
gerichtliche Entscheidungen zur Höhe der Minderung nicht nachvollziehbar (also eventuell
nicht richtig). Bei aller Objektivität, die Entscheidung des Richters zur Höhe der
Minderung wird auch von seiner persönlichen Sensibilität gegenüber Schimmel
beeinflusst. Letztlich wird durch die Gerichte zum Teil bei der Höhe der
Minderung ein Mitverschulden des Mieters berücksichtigt.
Praxistipp: Um die Höhe einer angemessenen Minderung
anhand von Entscheidungen einschätzen zu können, muss man also zumindest
mehrere Entscheidungen im Volltext lesen, um zu entscheiden, ob der Sachverhalt
tatsächlich mit dem eigenen Fall vergleichbar ist und ob andere Gerichte mit
ähnlichen Sachverhalten zum gleichen Ergebnis gelangt sind.
4.
Zurückbehaltungsrecht
Nicht ganz so bekannt ist, dass der Mieter neben dem Recht
die Miete zu mindern, auch aus § 320 BGB ein sogenanntes Zurückbehaltungsrecht
ausüben kann. Zurückbehaltung meint, dass der Mieter einen Teil der Miete
zunächst nicht zahlen muss, nach Beseitigung des Mangels (oder Beendigung des
Mietverhältnisses) diesen „zurückbehaltenen“ Teil aber unverzüglich an den
Vermieter nachleistet. Lässt man sich zu viel Zeit damit, kann der Vermieter
das Mietverhältnis kündigen (BGH, Beschluss vom 16.09.2014 – VIII ZR 221/14).
Mit Urteil vom 17.06.2015 – VIII ZR 19/14 –
hat der Bundesgerichtshof dieses Recht auf Zurückbehaltung – also die Höhe, in
der es ausgeübt werden kann – aber deutlich eingeschränkt. Demnach wird man im
Regelfall Miete zusätzlich zur Minderung alleine in Höhe des Minderungsbetrages
und bis zur Gesamthöhe einer Monatsmiete zurückbehalten dürfen.
Von Bedeutung ist das Zurückbehaltungsrecht vor allem dann,
wenn man es als Mieter mit der Minderung übertrieben hat, der Vermieter deshalb
die Zahlungsverzugskündigung erklärt und durch das Berufen auf das
Zurückbehaltungsrecht der Mietrückstand verringert werden soll.
5. Kündigung
Wichtig, aber gerade im Wohnraummietrecht eher selten
genutzt, ist die Möglichkeit zur außerordentlich fristlosen Kündigung. Nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird dem Mieter, wenn ein
Mangel durch den Vermieter nicht beseitigt wird, der vertragsgemäße Gebrauch
der Mietsache zum Teil entzogen. Dies berechtigt gem. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
BGB zur außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund. Voraussetzung
ist aber regelmäßig, dass der Vermieter zunächst zur Mangelbeseitigung
aufgefordert und er entweder abgemahnt oder ihm eine Frist gesetzt wurde (§ 543
Abs. 3 S. 1 BGB). Ausnahmsweise kann eine Fristsetzung oder Abmahnung
entbehrlich sein, wenn diese offensichtlich keinen Erfolg verspricht oder aber
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der
beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist. Im Regelfall sollte man sich als
Mieter hierauf nicht verlassen und dem Vermieter eine angemessene Frist zur
Mängelbeseitigung setzen. Wichtig: die Kündigung hat schriftlich – mit
Originalunterschrift sämtlicher Mieter – zu erfolgen (§ 568 Abs. 1 BGB).
Praxistipp: Die Möglichkeit zur außerordentlich
fristlosen Kündigung sollte man in zwei Fällen in Erwägung ziehen. 1. Man
möchte sich ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem unliebsam
gewordenen Mietvertrag trennen. 2. Der Schimmelbefall ist massiv und der
Vermieter vollständig unwillig (muss man seine Rechte gerichtlich durchsetzen,
werden zwischen Klageerhebung und abschließendem Urteil nicht selten mehrere
Jahre liegen, in denen man mit dem Schimmel leben muss). Da man neben dem
vorzeitigen Auszug auch erhebliche Schadensersatzansprüche gegen den Vermieter
hat, befindet man sich – wenn denn sämtliche Voraussetzungen vorliegen – in
einer sehr guten Verhandlungsposition, um mit dem Vermieter über die Abwicklung
des Mietverhältnisses zu verhandeln.
6. Schadensersatz
Letztlich hat der Vermieter gem. § 536a BGB unter bestimmten
Voraussetzungen dem Mieter den Schaden zu ersetzen, den dieser aufgrund eines Mangels
erleidet. Voraussetzung ist im Regelfall auch hier, dass der Mieter dem
Vermieter zunächst eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt hat. Bestand
der Mangel bereits bei Beginn des Mietverhältnisses – und kann der Mieter das
auch nachweisen und wurde die Haftung des Vermieters für anfängliche Mängel
nicht durch den Mietvertrag ausgeschlossen – kann eine Fristsetzung nach § 536a
Abs. 1 Alt. 1 BGB ausnahmsweise entbehrlich sein.
Als Schadensersatz kann der Mieter zunächst einmal Schäden
an seinem Eigentum, den sog. Mangelfolgeschaden geltend machen. Ebenfalls zu
ersetzen sind Körperschäden und dann regelmäßig auch ein Schmerzensgeld.
Außerdem kommt ein Schaden durch die Notwendigkeit verstärkten Heizens oder das
Aufstellen von Elektroradiatoren in Betracht. Wird aufgrund des Mangels das
Mietverhältnis durch den Mieter gekündigt, kann er außerdem den
Kündigungsfolgeschaden bei dem Vermieter geltend machen. Hierzu gehören
beispielsweise Umzugskosten, die Kosten eines Maklers, die Kosten für die
Einlagerung von Mobiliar und insbesondere die Differenz zwischen der alten und
der neuen Miete (bis zur erstmaligen Möglichkeit zur Beendigung des
Mietverhältnisses für den Vermieter).