Seit Jahresanfang 2005 müssen
sich Arbeitnehmer, die längere Zeit ohne Beschäftigung sind, mit den Rechtfolgen
von Hartz IV befassen, die neu im SGB II geregelt sind und hier kurz dargestellt
werden sollen.
„Fördern“ und „Fordern“ lautet
die Überschrift des Kapitel 1 im neuen SGB II. Fördern meint die Grundsicherung
für Arbeitssuchende, die die Beendigung oder Verringerung der Hilfsbedürftigkeit
insbesondere durch Eingliederung in Arbeit und die Sicherung des
Lebensunterhaltes zum Ziel haben soll.
Die Sicherung des
Lebensunterhaltes erfolgt durch laufende Geldleistungen, die sich an Regelsätzen
orientieren:
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Alleinstehende
und Alleinerziehende
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Bei zwei volljährigen Partnern jeweils
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Kinder ab 14
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Kinder
unter 14
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Regelsatz
West/Ost
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345 € / 331 €
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311 € /
298 €
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276 € / 265 €
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207 € /
199 €
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Mehrbedarf, v.a.
Schwangere,
Alleinerziehende,
Behinderte
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12 bis 36 %
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Zuschlag, wenn 1 bzw.
2 Jahre vorher ALG
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1. Jahr :
max. 160 €
2. Jahr: max. 80 €
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Max:. 320 €
max.: 160 €
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zzgl. max. 60 €
zzgl. max. 30 €
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Unterkunft und Heizung
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317 € /
248 €
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412 € /
338 €
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Kranken- und Pflegeversicherung
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140
€ ( i.d.R. nur für eine Person)
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Rentenversicherung
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78 €
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78 €
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78 € (
ab 15)
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Die Werte in der Tabelle sind teilweise Höchstbeträge. Die
Beträge für Unterkunft und Heizung sind Durchschnittswerte in den alten und
neuen Bundesländern. Konkret bemessen sich die tatsächlichen Leistungen an den
tatsächlichen Kosten, die angemessen sein müssen. Die Angemessenheit bezieht
sich im übrigen auch auf die Größe des Wohnraumes.
Die meisten der bisher erbrachten einmaligen Hilfen sind
entfallen und werden nur noch in einem eng begrenzten Rahmen erbracht. So für
die Erstausstattung einer Wohnung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und
Geburt.
Vorhandenes Vermögen muss grundsätzlich eingesetzt werden.
Es gelten jedoch besondere Freibeträge, die als Schonvermögen nicht verbraucht
werden müssen. Der Grundfreibetrag beträgt für jeden Volljährigen mindestens
4.100,00 €, maximal 13.000,00 €, für jedes Kind 4.100,00 €. Bei älteren, vor dem
01.01.1948 geborene Arbeitslose beträgt der Freibetrag höchstens 33.800,00 €.
Ferner kann jeder in einer Bedarfsgemeinschaft lebender einen Freibetrag in Höhe
von 750,00 € für notwendige Anschaffungen für sich in Anspruch nehmen. Rücklagen
für das Alter werden, sofern es sich um eine staatlich geförderte Altersvorsorge
handelt, ebenfalls nicht angerechnet. Haus-, Wohnungs- und Grundeigentum wird
nicht als Vermögen berücksichtigt, wenn es angemessen ist. Wertgegenstände
müssen nur dann veräußert werden, wenn der Verkauf wirtschaftlich sinnvoll ist.
Jeder Erwerbsfähige hat Anspruch auf den Behalt eines angemessenen Fahrzeuges.
Dies ist der Fall, wenn der Zeitwert ca. 5.000,00 € beträgt, wobei dies dem
Ermessen des Sachbearbeiters obliegt.
Wird neben dem Bezug von ALG II
eine Nebentätigkeit ausgeübt, was ausdrücklich erwünscht ist, erfolgt eine
Anrechnung unter Berücksichtigung unterschiedlicher Freibeträge, worauf später
noch eingegangen werden soll. Arbeitslosengeld II kann also auch beziehen, wer
eine Tätigkeit ausübt, die zur Bestreitung des Lebensunterhaltes nicht
ausreicht. Dies gilt auch für eine selbständige Tätigkeit. Wer eine
Erwerbstätigkeit aufnimmt oder sich selbständig macht, kann ein Einstiegsgeld
erhalten, das die Agentur für Arbeit nach Ermessen festlegt. Die Förderung ist
auf 24 Monate begrenzt. Voraussetzung für das Gewähren von Einstiegsgeld ist das
Ziel den Hilfebedürftigen auf Dauer von der Hilfe unabhängig zu machen. Bei
selbständigen Tätigkeiten ist daher damit zu rechnen, dass einen eingehendere
Prüfung des Konzeptes erfolgen wird, wobei das Bundesministerium für Wirtschaft
und Arbeit darauf hinweist, dass ein Rechtsanspruch auf das Einstiegsgeld nicht
besteht.
Der Grundsatz des Forderns
beinhaltet, dass der erwerbsfähige Arbeitslose und die mit ihm in einer
Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen die Bedürftigkeit aus eigener Kraft
verringern oder beenden. Arbeitsgelegenheiten, d.h. 1 - €-Jobs, haben
wahrgenommen zu werden und die Bemühungen einen Arbeitsplatz zu erlangen müssen
aktiv verfolgt und sichtbar sein. Jeder erwerbsfähige ALG II – Bezieher zwischen
15 und 65 Jahren muss zumutbare Beschäftigungen annehmen und
Eingliederungsmaßnahmen wahrnehmen. Da zum Kreis der Berechtigten auch die
Personen gehören, die in einer Bedarfsgemeinschaft mit dem hilfebedürftigen
Erwerbslosen leben, müssen z.B. nicht berufstätige Ehefrauen oder Lebenspartner
ebenfalls zur Aufnahme von Arbeit bereit sein, auch wenn die Lebensplanung
anders ausgesehen haben mag. Ausnahmen hiervon erlauben lediglich die Betreuung
von unter 3 jährigen Kindern oder pflegebedürftigen Verwandten, die aber
mindestens die Pflegestufe II haben müssen und deren Pflege nicht anderweitig
abgesichert werden kann. Gleiches gilt für die Betreuung von Kindern, die das 3.
Lebensjahr überschritten haben.
Zwischen der Agentur für Arbeit
und dem ALG-II-Empfänger soll eine „Eingliederungsvereinbarung“ geschlossen
werden, die für einen Zeitraum von 6 Monaten regeln soll, welche Leistungen der
Arbeitslose erhält und welche Bemühungen er anzustrengen hat um eine
entgeltliche Beschäftigung zu erlangen. Verweigert sich der Arbeitslose dieser
Eingliederungsvereinbarung, wird diese nicht unterschrieben oder kommt der
Arbeitslose den Verpflichtungen nicht nach, sind weitreichende Sanktionen die
Folge. Diese können zu einer empfindlichen Kürzung bis zum Wegfall des ALG II
führen und durch Sachleistungen oder geldwerte Leistungen ersetzt werden. Wer
eine Arbeitsstelle, eine Ausbildung oder Arbeitsgelegenheit, also einen 1€-Job,
ohne wichtigen Grund ablehnt, kann ebenfalls mit den Sanktionen nach § 31 SGB II
rechnen.
Neben der Kinderbetreuung und
der Pflege von Angehörigen, kann der Arbeitslose nur dann eine
Eingliederungsmaßnahme oder Arbeit ablehnen, wenn er körperlich, geistig oder
seelisch hierzu nicht in der Lage ist oder die Ausübung der Tätigkeit ein
Hindernis für den bisherigen Beruf darstellen würde, weil die bisherige
Tätigkeit besondere körperliche Anforderungen stellt. Die Zumutbarkeit bei der
Aufnahme einer regulären Beschäftigung wird nicht begrenzt durch die Höhe des
Gehaltes oder die zurückzulegende Wegstrecke zu der Beschäftigung. Grenze für
die Zumutbarkeit hinsichtlich der Höhe des Entgeltes stellt allenfalls die
Sittenwidrigkeit dar oder der Verstoß gegen ein Gesetz, nicht hingegen eine
tarifliche Regelung, es sei denn es handelt sich um einen allgemeinverbindlichen
Tarifvertrag, oder die ortsübliche Entlohnung.
Wird derzeit neben dem Bezug von
ALG II eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt, erfolgt eine Anrechnung der
Entlohnung (§ 30 SGB II) nach Abzug von Steuern, Pflichtbeiträgen und anderen
sich aus § 11 SGB II ergebenden Freibeträgen. Die Anrechnung erfolgt zur Zeit
noch gestaffelt nach der Höhe des Entgelts unter Abzug eines Freibetrages. Bis
zu einem Verdienst in Höhe von 400,00 € bleiben 15 % des bereinigten
Nettogehaltes anrechnungsfrei, von dem 400,00 € übersteigenden Betrag 30 %, ab
900,00 € beträgt der Freibetrag 15 %. Als Grenze des Hinzuverdienstes gilt ein
Betrag von 1.500,00€. Dies soll demnächst nach einer Einigung zwischen Regierung
und Opposition geändert werden. Danach soll zukünftig ein genereller
Grundfreibetrag von 100,00 € vom Bruttoverdienst abzugsfähig sein. Für den
Bruttoverdienst, der 100,00 übersteigt sollen folgende Freibeträge gelten: bis
800,00 € beträgt der Freibetrag 20 % des den Grundfreibetrag übersteigenden
Einkommens, darüber beträgt der Freibetrag 10 %. Die Obergrenze des zulässigen
Nebenverdienstes liegt dann für ALG-II- Empfänger ohne Kinder bei 1.200,00 €
brutto, für Bedarfsgemeinschaften mit Kindern bei 1.500,00 €. Die
Bundesregierung hofft mit dieser zukünftigen Neuregelung Arbeitslosengeld
II-Empfänger dazu zu bewegen auch gering entlohnte Tätigkeiten anzunehmen, da
diese gewinnbringender sind als bisher.
Besondere Aufmerksamkeit wurde
und wird in der Öffentlichkeit den schon genannten 1-€-Jobs gewidmet. Die Gründe
hierfür sind vielfältig. Von den Arbeitslosengeld II-Empfängern wird befürchtet,
dass sie zu jeglicher Arbeit ohne Rücksicht auf Ausbildung und vorherige
Tätigkeit herangezogen werden können. Bei den kleinen und mittleren Betrieben
bestehen Bedenken, dass gerade die öffentlichen Auftraggeber bei zu
verrichtenden Arbeiten zum Zwecke der Sanierung der Haushalte verstärkt auf ALG
II-Bezieher ausweichen und so die Konkurrenz weiter verstärken und damit
Arbeitsplätze vernichten.
In § 16 Abs. 3 SGB II heißt es:
„Für
erwerbsfähige Hilfsbedürftige, die keine Arbeit finden können, sollen
Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden. Werden Gelegenheiten für im öffentliche
Interesse liegende, zusätzliche Arbeiten nicht nach Absatz 1 als
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gefördert, ist den erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen
zuzüglich zum Arbeitslosengeld II eine angemessene Entschädigung für
Mehraufwendungen zu zahlen; diese Arbeiten begründen kein Arbeitsverhältnis; die
Vorschriften über den Arbeitsschutz und das Bundesurlaubsgesetz sind
entsprechend anzuwenden; für Schäden bei der Ausübung ihrer Tätigkeit haften
erwerbsfähige Hilfsbedürftige nur wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“.
Der ALG II-Empfänger ist
verpflichtet den 1-€-Job anzunehmen, wenn eine Erwerbstätigkeit auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit nicht möglich ist (§ 2 Abs. 1 SGB
II). Bei Ablehnung der Aufnahme eines Zusatzjobs drohen dem Hilfebedürftigen die
bereits beschriebenen Sanktionen. Wer mit einer Arbeitsgelegenheit nicht
einverstanden ist, kann gegen das Angebot Widerspruch und Klage einlegen. Die
bei anderen Verwaltungsakten mögliche aufschiebende Wirkung entfällt allerdings,
mit der Folge, dass der ALG II-Empfänger bei fortwährender Weigerung die
Tätigkeit auszuführen unter Umständen keine Leistungen mehr erhält. Wird der
Arbeitslosengeld II-Empfänger zu einer seiner Auffassung nach unzulässigen
Arbeitsgelegenheit verpflichtet, steht der Weg nach Durchführung des
Widerspruchsverfahrens zu den Sozialgerichten offen, da es sich bei den
Arbeitsgelegenheiten nicht um ein Arbeitsverhältnis handelt. Zu diskutieren und
ggf. gerichtlich zu klären wäre aber, ob es sich dann um ein Arbeitsverhältnis
handelt, wenn der Rahmen des öffentlichen Interesses, überschritten wird oder
der die Arbeitsgelegenheiten zur Verfügung stellende Träger seinerseits mit dem
ALG II-Empfänger eine eigene Vereinbarung trifft, die eindeutig privatrechtliche
arbeitsvertragliche Züge hat, während die Verpflichtung des Hilfsbedürftigen
durch die Agentur für Arbeit ein Verwaltungsakt ist.
Die Arbeitsgelegenheiten müssen
verschiedene gesetzliche Anforderungen erfüllen. So muss die Arbeitsgelegenheit
für den Hilfsbedürftigen zumutbar und erforderlich sein. Übt der
Hilfebedürftige eine Arbeit aus, liegt Erforderlichkeit nicht vor. Darüber
hinaus hat eine Prüfung darüber zu erfolgen, ob andere Maßnahmen zur
Eingliederung in den Arbeitsmarkt förderlicher sind. Die Arbeitsgelegenheit
sollte ebenfalls das Ziel einer Wiedereingliederung in den 1. Arbeitmarkt haben,
wobei die Interessen des Hilfebedürftigen und auch seine Ausbildung
Berücksichtigung finden sollten. Die Arbeitsgelegenheit muss dem öffentlichen
Interesse dienen. Was hierunter zu verstehen ist, ist nicht eindeutig, so dass
Verunsicherung darüber herrscht. Nach Verlautbarungen sollen die Arbeiten dem
Allgemeinwohl dienen. Weiter fraglich ist, ob dies auch für private Unternehmen
gelten kann. Die Tendenz geht wohl in diese Richtung. Streitigkeiten könnten
auch darüber entstehen, wann das Erfordernis der Zusätzlichkeit erfüllt ist.
Zusätzlich können Arbeiten nur sein, wenn sie andernfalls nicht ausgeführt
werden würden. Allerdings sind auch Fälle bekannt geworden, in denen ALG
II-Empfänger eingesetzt wurden, damit diese den Umzug einer Behörde vornehmen.
Wäre die Behörde nicht umgezogen, wenn sie auf ALG II-Empfänger nicht hätte
zurückgreifen können? Auch ist fraglich, für welchen Zeitraum die Zusätzlichkeit
vorliegen muss. Soll die Zusätzlichkeit sich z.B. beziehen auf einen Zeitraum
von 1 Jahr, 2Jahren oder mehr oder gar weniger?
Insgesamt bleibt abzuwarten, wie
sich die Reformen des Hartz IV Paketes auf den Arbeitsmarkt auswirken werden.
Unklarheiten, die sich z. B. auch auf das Gebiet der Mitbestimmung erstrecken
oder auf das Verhältnis zwischen Träger und Arbeitslosengeld II-Empfänger,
werden wohl von den Gerichten geklärt werden müssen.