BGH, Urteil vom 07.10.2015 - VIII ZR 247/14
Mit Urteil vom 07.10.2015 hat der Bundesgerichtshof die Pflichten des Mieters bei Vorschlag eines Nachmieters präzisiert.
Der Ausgangsstreit: Die Parteien waren durch einen Wohnraummietvertrag aus dem Jahr 2011 miteinander verbunden. Der Mietvertrag sah einen Ausschluss des Kündigungsrechts sowohl für die Mieter als auch für die Vermieterin innerhalb der ersten vier Jahre des Mietverhältnisses vor. Während der Vertragsverhandlungen hatte die Vermieterin erklärt, dass die Mieter im Einzelfall bei außergewöhnlichen, nicht vorhersehbaren Umständen einen Anspruch auf vorzeitige Entlassung aus dem Mietverhältnis hätten. Im Frühjahr 2013 wechselte der Mieter zu einem Arbeitgeber in Norddeutschland. Die Mieter erklärten die Kündigung des Mietverhältnisses zum 30.06.2013. Die Vermieterin akzeptierte die frühzeitige Kündigung nicht, erklärte sich aber bereit, die Mieter bei Stellung eines geeigneten Nachmieters aus dem Mietvertrag zu entlassen. Sie verlangte hierzu, dass Unterlagen zur Identität und Bonität der Interessenten vorgelegt werden. Als die Mieter die Vermieterin um Mitteilung eines Besichtigungstermins für einen Mietinteressenten baten, erklärte diese, einen solchen Termin erst zu vereinbaren, wenn die angeforderten Unterlagen übersendet worden wären. Die Mieter stellten daraufhin ihre Suche nach einem Mieterinteressenten ein. Mit der Klage machte die Vermieterin Mieten für den Zeitraum Juli bis September 2013 geltend und begehrte zudem die Feststellung, dass das Mietverhältnis bis zum 30.04.2015 (dem Ablauf der ersten vier Jahre des Mietverhältnisses) fortbestanden habe. Sowohl Amtsgericht als auch Landgericht entschieden, dass das Mietverhältnis bereits zum 30.04.2014 endete. Das Landgericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Vermieterin die Benennung eines Nachmieters treuwidrig vereitelt habe und sich deshalb so behandeln lassen müsse, als sei zum 30.04.2014 ein geeigneter Nachmieter gefunden worden.
Die Entscheidung: Der Bundesgerichtshof hebt den Beschluss des Landgerichts auf und verweist die Sache zur erneuten Verhandlung zurück. In seinem Urteil lässt der Bundesgerichtshof die Frage offen, welche Anforderungen an das berechtigte Interesse des Mieters an eine vorzeitige Entlassung aus einem längerfristigen Mietverhältnis zu stellen sind, wenn der Mieter einen Umzug selbst herbeiführt. Die Parteien hatten sich hier ja schon individuell darauf geeinigt, dass die Vermieterin die Mieter bei Stellung eines Nachmieters aus dem Mietverhältnis entlässt. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs haben die Mieter diese Bedingung allerdings nicht erfüllt. Da der Mieter gem. § 537 Abs. 1 BGB das Verwendungsrisiko der Mietsache trägt, obliegt es allein dem Mieter, einen geeigneten Nachfolger zu benennen, wenn er vom Vermieter mit Rücksicht auf Treu und Glaube (§ 242 BGB) eine vorzeitige Entlassung aus dem Mietverhältnis begehrt. Es war daher Aufgabe der Mieter sich um einen Mietinteressenten zu bemühen, erforderliche Besichtigungstermine durchzuführen sowie Unterlagen über die Bonität und Zuverlässigkeit der Nachmieter anzufordern.
Praxistipp: Nach der Rechtsprechung hat der Mieter grundsätzlich keinen Anspruch auf vorzeitige Entlassung aus dem Mietvertrag, sofern das Recht zur ordentlichen Kündigung für einen bestimmten Zeitraum wirksam ausgeschlossen wurde. Muss er allein die normale Kündigungsfrist des § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB einhalten, kommt ein Anspruch auf Stellung eines Nachmieters nicht in Betracht. Sind längere Kündigungsfristen vereinbart, ist aber im Einzelfall zu entscheiden, ob der Vermieter den Mieter nach Treu und Glauben ausnahmsweise vorzeitig aus dem Mietvertrag entlassen muss. In dem durch den BGH entschiedenen Fall könnte die Sache letztlich günstig für den Mieter enden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann in einem Wohnraummietvertrag durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ein beidseitiger Verzicht auf das Recht zur ordentlichen Kündigung für bis zu vier Jahre vereinbart werden. Nach der Formulierung des Mietvertrages im vorliegenden Fall wäre eine Kündigung frühestens aber erst nach vier Jahren und drei Monaten möglich. Als Allgemeine Geschäftsbedingung wäre die Vereinbarung daher unwirksam. Mieter sollten bei Abschluss eines Mietvertrages sehr genau darauf achten, ob mit dem Mietvertrag ein beidseitiger Kündigungsverzicht vereinbart werden soll und überlegen, ob ihre Lebensplanung eine solche Einschränkung zulässt.
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