LG Berlin, Urteil vom 15.04.2016
– 65 S 400/15
Mit Urteil vom 15.04.2016 hat das Landgericht Berlin in der
von dem Amtsgericht Berlin Tempelhof-Kreuzberg mit Urteil vom 19.10.2015 erstinstanzlich
entschiedenen Angelegenheit nunmehr über die Berufung der
Vermieterin entschieden.
Der Ausgangsstreit:
In der Sache geht es um einen Schimmelschaden in einer Wohnung. Ursächlich sind
die besonders luftdichten Kunststoffisolierglasfenster, die aber dem Stand der
Technik zum Zeitpunkt der Errichtung der Bezugsfertigkeit der Wohnung
entsprechen. Um einen Schimmelbefall zu verhindern, müsste die Wohnung täglich
mehr als sechs Mal gelüftet werden. Ansonsten wird auf die Zusammenfassung des
Urteils des AG Tempelhof-Kreuzberg verwiesen.
Die Entscheidung:
Auch das Landgericht Berlin sieht eine Minderung der Miete als gerechtfertigt
an. Die Mietsache ist zwar nicht mangelhaft. Allerdings ist es den Mietern
nicht zuzumuten, mehr als sechs Mal täglich zu lüften. Dies ist eine
Größenordnung, die deutlich über das Lüftungsverhalten hinausgeht, das von der
Rechtsprechung noch als zumutbar angesehen wird. Hierbei ist es auch unerheblich,
wie viele Personen die Wohnung bewohnen, solange diese nicht überbelegt ist.
Die Übergabe eines Merkblattes zum richtigen Heizen und Lüften befreit die
Vermieterin nicht von ihrer Gewährleistungspflicht. Das Landgericht gibt der
Berufung statt, soweit sich diese gegen die Höhe des dem Mieter zugeordneten
Zurückbehaltungsrechts wendet. Es stellt das Zurückbehaltungsrecht mit
höchstens dem dreifachen Mietminderungssatz monatlich und insgesamt mit
höchstens drei Monatsmieten fest. Mit diesem Betrag könnten die
Mängelbeseitigungsmaßnahmen in der Wohnung voraussichtlich durchgeführt werden.
Praxistipp: In
der Besprechung des Urteils des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg wurde von mir
die Minderung von 10% als relativ niedrig bezeichnet. Das Landgericht hat die
Minderungshöhe bestätigt. Da der Mieter die Höhe der Minderung nicht
angegriffen hatte, war es dem Landgericht aber auch nicht möglich, eine höhere
Minderung zuzuerkennen. Vermieter sollten, wenn sie davon wissen, dass eine
Schimmelgefahr besteht, ausdrücklich ein überobligatorisches Heiz- und
Lüftungsverhalten vereinbaren. Die Übergabe eines Merkblatts zum richtigen
Heizen und Lüften reicht zur Vereinbarung nicht aus. Persönlich empfehle
ich, direkt in § 1 des Mietvertrages als Vereinbarung zur Beschaffenheit der
Mietsache die Schimmelgefahr zu beschreiben und ein überobligatorisches Heiz-
und Lüftungsverhalten zu vereinbaren.