BGH Urteil vom 23.09.2015 - VIII ZR
297-14
Mit Urteil vom 23.09.2015 hat der
Bundesgerichtshof ein Räumungsurteil des Landgerichts Bonn, das
nach der Eigenbedarfskündigung einer Vermieterin ergangen war,
aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht
zurückverwiesen.
Der Ausgangsstreit: Die
Vermieterin ist Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses mit 15
Wohnungen. Sie bewohnte zum Zeitpunkt der Kündigung selbst ein
Einfamilienhaus. Mit Schreiben vom 28. März 2012 kündigte sie
Mietern, die in dem Mehrfamilienhaus eine Dreizimmerwohnung sowie
eine separate Mansardenwohnung angemietet hatten. Nach einer
Bestimmung des Mietvertrags können beide Wohnungen von Seiten der
Vermieterin nur zusammen gekündigt werden. In der Begründung der
Kündigung führte die Vermieterin aus, dass sie in die
Dreizimmerwohnung selbst einziehen möchte, während die
Mansardenwohnung Teil einer für die Tochter der Vermieterin
vorgesehenen Maisonettewohnung werden solle. Nachdem das Amtsgericht
die Räumungsklage der Vermieterin abwies, verurteilte das
Landgericht die Mieter zur Räumung.
Die
Entscheidung: Mit dem Urteil wurde durch den Bundesgerichtshof
wiederum das Urteil des LG Bonn aufgehoben. Nach Ansicht des BGH ist
die Eigenbedarfskündigung zwar ausreichend begründet. Für die
Begründung einer Kündigung wegen Eigenbedarfs reiche es
grundsätzlich aus, dass die Person, für die die Wohnung benötigt
werde, und das Interesse, das diese Person an der Erlangung der
Wohnung habe, ausreichend dargelegt werden. Der BGH sah auch einen
Eigenbedarf für die Tochter an der Mansardenwohnung als gegeben an.
Das Urteil wurde deswegen aufgehoben, weil das Berufungsgericht nach
Ansicht des BGH bei der Würdigung der Ernsthaftigkeit des von der
Klägerin selbst angegebenen Nutzungswunsches an der
Dreizimmerwohnung einen unzureichenden Maßstab angelegt hatte. Nach
Ansicht des BGH muss sich der Nutzungswunsch soweit verdichtet haben,
dass ein konkretes Interesse an einer alsbaldigen Eigennutzung
besteht. Dies sei im vorliegenden Fall fraglich. Die Klägerin, die
sich im Seniorenalter befindet, habe auf die Nachfragen des
Amtsgerichts nicht angeben können, warum sie von mehreren
Dreizimmerwohnungen die streitgegenständliche Wohnung als künftige
Wohnung ausgewählt hatte. Es sei lebensfremd, dass man sich vor
einem Wohnungswechsel keine Gedanken darüber mache, welche Wohnung
nach Größe, Lage und Zuschnitt für die eigenen Zwecke am besten
geeignet sei. Zwischen den Parteien war unstreitig, dass die
Entscheidung, die Wohnung der Mieter zu kündigen, innerhalb relativ
kurzer Zeit gefallen ist. Auch hier sei es nach der Lebenserfahrung
wenig plausibel, dass eine für die Vermieterin solch weitreichende
Entscheidung derartig kurzfristig gefasst worden sein soll. Auch
dieser Umstand würde für einen unzureichend konkretisierten
Nutzungswunsch der Vermieterin sprechen.
Praxistipp: Das Urteil des
BGH zeigt auf, woran eine Kündigung wegen Eigenbedarfs im konkreten
Fall durchaus scheitern kann. Zwar sind die Anforderungen an eine
Kündigungsbegründung stark zusammengestutzt worden. Als Vermieter
wird man aber weiter darauf achten müssen, dass der Wunsch und das
Interesse, die konkrete Wohnung nutzen zu können, von Beginn an
plausibel dargestellt werden. Mieter sollten auch schon vor der
Kündigung Äußerungen des Vermieters zu einem künftigen Wunsch auf
Eigennutzung sorgfältig dokumentieren, um gegebenenfalls
Widersprüche bei der Darstellung des Wunsches aufzudecken.