LG Berlin Urteil vom
13.10.2017 – 66 S 90/17
Eine mit der (wirksam) fristlosen Kündigung ausgesprochene
ordentliche Kündigung beendet das Mitverhältnis nicht. Nachdem bereits die 67.
Kammer des LG Berlin die Voraussetzung neben der aus ordentlich fristlosen
Kündigung ausgesprochene ordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzugs
verschärft hat, erklärt jetzt die 66. Kammer des Landgerichts, dass eine solche
Kündigung immer unwirksam ist.
Der Ausgangsstreit: Die Parteien des Rechtsstreits sind über einen Mietvertrag
für eine Wohnung miteinander verbunden. Der Mieter leistete die gesamte Miete
für die Monate Juni 2016 in einer Höhe von insgesamt 500,30 € nicht. Mit
Schreiben ihres Rechtsanwalts vom 11.07.2016 ließen die Vermieter das
Mietverhältnis zum einen außerordentlich fristlos sowie zum anderen vorsorglich
hilfsweise fristgemäß und ordentlich wegen Zahlungsverzugs kündigen. Der Mieter
glich den gesamten Zahlungsrückstand noch innerhalb der Schonfrist des § 569
Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB aus. Die Vermieter hielten trotzdem an der Räumungsklage
fest und begründeten diese, nachdem die Kündigungsfrist abgelaufen war, nunmehr
mit der ordentlich ausgesprochenen Kündigung. Das Amtsgericht hatte der Klage
der Vermieter stattgegeben.
Die Entscheidung:
Das Langericht hebt die Entscheidung des Amtsgerichts auf und weist die
Räumungsklage der Vermieter ab. Nach Ansicht der 66. Kammer des Landgerichts
Berlins ist die vorsorglich hilfsweise mit der wirksam außerordentlich
fristlosen Kündigung ausgesprochene fristgerechte ordentliche Kündigung nicht
wirksam. Das Gericht begründet seine Ansicht damit, dass die außerordentlich
fristlose Kündigung das Mietverhältnis unmittelbar beendet. Wenn diese
außerordentlich fristlose Kündigung wirksam ist besteht zum Zeitpunkt der
Erklärung der ordentlichen Kündigung kein Mietverhältnis mehr, das durch die
ordentliche Kündigung beendet werden kann. Die Schonfristzahlung führt nicht
dazu, dass das Mietverhältnis vom Zeitpunkt der außerordentlich fristlosen
Kündigung fortgesetzt wird. Vielmehr wird es mit der Leistung der
Schonfristzahlung wieder aufgenommen. Da es also zum Zeitpunkt der Erklärung der
ordentlich fristgemäßen Kündigung kein Mietverhältnis gab, das gekündigt werden
kann, ist die Kündigung dann auch nicht wirksam.
Praxistipp:
Bislang gab es in Berlin vier Berufungskammern für das Mietrecht am Landgericht
(die 63., 64., 65. und 67. Kammer des Landgerichts). Hiervon sind insbesondere
die 63. Kammer und die 67. Kammer als besonders meinungsfreudig aufgefallen.
Zum März 2017 wurde eine neue 66. Kammer als Ausgliederung aus der 65. Kammer
des Landgerichts neu geschaffen. Das vorliegende Urteil stammt von dieser 66.
Kammer und nimmt zu der Frage, wird das Mietverhältnis bei einer
Zahlungsverzugskündigung und Ausgleich des Mietrückstands innerhalb der
Schonfrist durch die gleichzeitig erklärte ordentlich fristgemäße Kündigung
doch noch beendet. Die 66. Kammer hat die Revision zum Bundesgerichtshof
zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob die Vermieter Revision gegen das Urteil
einlegen.