LG München I, Endurteil vom 07.10.2015
- 14 S 2969/15
Mit Urteil vom 07.10.2015 hat das
Landgericht München die Räumungsklage einer Vermieter-GbR mit der
Begründung abgewiesen, dass zu Gunsten der Gesellschafter einer
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (kurz GbR) und ihrer Angehörigen
kein Eigenbedarf geltend gemacht werden kann.
Der Ausgangsstreit: Die Mieter
hatten im Jahr 1985 die Wohnung angemietet. Nachdem der Vermieter
mehrmals wechselte, war seit Anfang 1992 eine GbR Vermieterin der
Wohnung. Mit Schreiben vom 30.09.2013 kündigte diese das
Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zugunsten der Tochter eines der
Gesellschafter zum 03.06.2014. Das Amtsgericht hatte die
Räumungsklage noch mit der Begründung abgewiesen, dass die
Vermieterin ihre Pflicht zum Anbieten einer im selben Haus gelegenen
Zweizimmerwohnung an die Mieter nicht nachgekommen sei.
Die Entscheidung: Das
Landgericht bestätigt die erstinstanzliche Entscheidung, begründet
diese aber damit, dass für einen Gesellschafter einer GbR und dessen
Angehörige überhaupt kein Eigenbedarf geltend gemacht werden kann.
Es sei rechtlich anerkannt, dass für juristische Personen (z.B. eine
GmbH) und deren Gesellschafter kein Eigenbedarf bestehen könne. Die
Gesellschaftsform GbR habe sich nach Rechtsprechung und Gesetzgebung
in den letzten Jahren zunehmend gegenüber ihren Gesellschaftern
rechtlich verselbstständigt. Es bestehe kein Grund mehr, diese zu
privilegieren. Das Argument des BGH, der einen Eigenbedarf für
Gesellschafter der GbR noch zugelassen hatte, es bestehe kein
Unterschied zwischen einer Vermieter-GbR und einer einfachen
Vermietermehrheit, sei nicht zutreffend. Die Rechtsform der GbR werde
häufig gewählt, um für eine größere Anzahl von Gesellschaftern
Wohnungen frei zu kündigen. Hierdurch werde der Mieterschutz, den §
573 BGB bezweckt, ausgehöhlt. Deshalb hat das Landgericht München I
die Berufung der Vermieterin zurückgewiesen, lässt aber die
Revision zum BGH zu.
Praxistipp: Das Modell des Kaufs
eines Wohnhauses durch eine GbR und Kündigung der Mietverträge für
die Gesellschafter bzw. ihre Angehörigen hat bereits durch die
Änderung des § 577a BGB eine erhebliche Einschränkung
erfahren. In Berlin kann, wenn der Mietvertrag mit einem
Einzelvermieter abgeschlossen wurde, erst 10 Jahre nachdem das
Wohnhaus von einer Vermietermehrheit erworben wurde, die Wohnung
gekündigt werden. Das Urteil des Landgerichts München I beendet
dieses Modell nun voraussichtlich endgültig. Die Vorsitzende des für
das Wohnraummietrechts zuständigen 8. Zivilsenats des BGH hatte
bereits in einem Aufsatz im Jahr 2014 erhebliche Bedenken geäußert,
dass ein Eigenbedarf für Gesellschafter einer GbR oder deren
Angehörigen bestehen kann. Mit solchen Aufsätzen wurden zuletzt
Rechtsprechungsänderungen des Bundesgerichtshofs angekündigt.