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Arbeitsrecht: |
Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen |
von Rechtsanwältin Jacqueline Stieglmeier |
Die erste Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes zu der Frage,
inwieweit einzelvertraglich vereinbarte Ausschlussfristen einer
AGB-Kontrolle standhalten erging am 25.05.2005 (BAG v. 25.05.05, Az.: 5
AZR 572/04).
Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag
Viele Arbeitsverträge enthalten eine Bestimmung, wonach Ansprüche
aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer
bestimmten Frist geltend gemacht werden. Hinsichtlich dieser
Ausschlussfristen ist zu unterscheiden zwischen einstufigen und
zweistufigen Ausschlussfristen. Bei einer zweistufige Ausschlussfrist
wird in der ersten Stufe meist die schriftliche Geltendmachung des
Anspruchs verlangt. Im Falle der Ablehnung durch den Arbeitgeber muss in
einer zweiten Stufe die gerichtliche Geltendmachung innerhalb einer
bestimmten Frist durch den Arbeitnehmer erfolgen. In vielen
Tarifverträgen finden sich ebenfalls Ausschlussklauseln der oben
beschriebenen Art. In der Entscheidung des BAG zu der Frage ob
einzelvertraglich vereinbarte Ausschlussfristen mit den Regeln zu den
allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbar sind, ging es um den dem
Grunde und der Höhe nach unstreitig entstandenen
Entgeltfortzahlungsanspruch. In dem nach dem 31.12.2001 geschlossenen
Arbeitsvertrag war vereinbart, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis
nach Fälligkeit innerhalb einer Frist von 6 Wochen schriftlich geltend
gemacht werden sollten und nach Ablehnung innerhalb einer weiteren Frist
von 4 Wochen gerichtlich. Während die Arbeitnehmerin die Frist der
ersten Stufe eingehalten hatte, hatte sie die gerichtliche
Geltendmachung erst ca. nach einem Jahr nach der Ablehnung betrieben.
Das BAG hatte erstmals seit Geltung der AGB im Arbeitsrecht zu
entscheiden, ob die Frist der 2. Stufe einer AGB- Kontrolle standhält.
Zu unterscheiden ist zunächst, ob es sich um einen vorformulierten
Arbeitsvertrag handelt, der in einer Vielzahl von Arbeitsverhältnissen
verwendet wird. Ist das der Fall, ist dessen Vertragsinhalt an den §§
305 ff BGB zu messen. Zunächst ist festzustellen, dass 2-stufige
Ausschlussklauseln im Arbeitsleben der Üblichkeit entsprechen und
dementsprechend gem. § 310 IV S. 2 BGB zuzulassen sind, eine
überraschende Klausel i.S.v. § 305 c BGB liegt daher i. d. R. nicht vor.
Eine Unwirksamkeit liegt aber dann gem. § 307 I 1 i.V.m. II Nr. 1 BGB
vor, wenn eine Klagefrist mit wesentlichen Grundgedanken des
gesetzlichen Verjährungsrechts nicht vereinbar ist und deshalb entgegen
den Geboten von Treu und Glauben zu einer unangemessenen Benachteiligung
einer Partei führt. Gemäß § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährung 3
Jahre. Eine Abkürzung dieser Frist, ist innerhalb der allgemeinen
Geschäftsbedingungen zwar möglich, hingegen muss sie sich dann an den §§
305 ff messen lassen. Eine zu kurz bemessene Frist stellt eine
unangemessene Benachteiligung dar. Dem Vertragspartner muss ausreichend
Zeit gelassen werden sich mit den Ablehnungsgründen zu befassen um
Chancen und Risiken angemessen würdigen und bewerten zu können. Nach
Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes ist dies bei einer Klagefrist von 4
Wochen nicht gewährleistet, angemessen sei eine Frist von mindestens 3
Monaten. Die in früherer Rechtsprechung als noch angemessen angesehene
Frist von einem Monat ist seither nicht mehr ausreichend. Die
Unwirksamkeit der als zu kurz angesehenen Frist der 2. Stufe führt zu
ihrem ersatzlosen Wegfall unter Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrages
im Übrigen. Die unwirksame Frist kann nicht durch eine wirksame ersetzt
werden, hieran ändert auch eine im Arbeitsvertrag vereinbarte
salvatorische Klausel nichts. Bei Unwirksamkeit der Frist finden
Anwendung die gesetzlichen Reglungen, wonach die Verjährungsfrist 3
Jahre beträgt.
Inhaltskontrolle
Bei einem nicht vorformulierten Arbeitsvertrag, d.h. allgemeine
Geschäftbedingungen liegen nicht vor, kommt die Anwendung der §§ 306,
307 bis 309 BGB dann gemäß § 310 III, Nr. 2 BGB in Betracht, wenn es
sich bei dem Arbeitnehmer um einen Verbraucher handelt. Hiervon geht das
Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung aus und knüpft an an § 13
BGB, der auf alle Arten von Rechtsgeschäften Anwendung findet. Weitere
Voraussetzung für eine Inhaltskontrolle ist, das der Arbeitnehmer als
Verbraucher keinen Einfluss auf den Inhalt der Regelung nehmen konnte.
Konnte er Einfluss nehmen, handelt es sich um eine Individualabrede gem.
§ 305 b BGB, die Vorrang hat. Individualabreden unterliegen der
Vertragsfreiheit und finden ihre Grenzen in der Sittenwidrigkeit.
Grundsätzlich können zweistufige Ausschlussregelungen in
Arbeitsverträgen geschlossen werden. Für die Angemessenheit der Frist
der 2. Stufe ist maßgebend das Leitbild der gesetzlichen Verjährung
unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitsrechts, wobei eine
Frist von unter 3 Monaten in der 2. Stufe als nicht mehr angemessen
angesehen wird. Zu unterscheiden ist, ob es sich um vorformulierte
Vertragsbedingungen, die mehrfach verwendet wurden oder werden sollten,
handelt, oder solche, die nur einmalig verwendet wurden. Im letzteren
Fall ist maßgebend, ob der Vertragspartner auf diese Regelung ernsthaft
Einfluss nehmen konnte. Sollte das zutreffend sein, handelt es sich um
eine Individualabrede, die an den Grenzen der Sittenwidrigkeit zu messen
ist.
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Tätigkeitsschwerpunkte: Arbeitsrecht, Arzthaftungsrecht, Mietrecht |
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<b>Interessenschwerpunkte:</b> Kassenarztrecht, Werkvertragsrecht, Medizinrecht |
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Beitrag erstellt am Dienstag, 23. August 2016
Letzte Aktualisierung: Dienstag, 23. August 2016
Verantwortlich für den Inhalt dieses Beitrags: Rechtsanwältin Jacqueline Stieglmeier
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