Urteil des Bundesgerichtshofes
vom 15.01.2019
Die
Aktiengesellschaft (AG) wird in der Regel durch den Vorstand vertreten. Eine
wichtige Ausnahme hiervon gilt, wenn die AG gegenüber Vorstandsmitgliedern
vertreten werden soll. Zur Vermeidung von Interessenkonflikten sieht das
Aktiengesetz für diesen Fall vor, dass die AG durch den Aufsichtsrat vertreten
wird.
Der
Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Ausnahme in einem Urteil vom 15.01.2019
nunmehr ausgeweitet und entschieden, dass der Aufsichtsrat die AG auch im
Rahmen von solchen Geschäften vertreten muss, welche die AG mit einer
Gesellschaft abschließt, deren alleiniger Gesellschafter ein Vorstandsmitglied
ist.
Grundsatz: Vertretung der AG durch den
Vorstand
Für
die Vertretung der AG ist im Grundsatz der Vorstand zuständig. Wenn nichts
anderes geregelt ist, kann die AG aktiv nur durch alle Vorstandsmitglieder
gemeinsam vertreten werden. Es ist aber auch möglich, die Vorstandsmitglieder
einzeln zur Vertretung zu ermächtigen. Zuständig hierfür wäre der Aufsichtsrat,
der den Vorstand auch bestellt. Passiv, also für die Entgegennahme von
Erklärungen, ist jedes Vorstandsmitglied allein zur Vertretung der AG befugt.
Die
Vertretungsmacht des Vorstands ist im Außenverhältnis nicht beschränkbar. Der
Rechtsverkehr kann also darauf vertrauen, dass die AG von dem Vorstand wirksam
vertreten wird.
Eine
Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstandes kann nur im Innenverhältnis
erfolgen. Dies geschieht bei der AG regelmäßig durch Zustimmungsvorbehalte zu
Gunsten des Aufsichtsrates, die dieser sogar zwingend zu bestimmen hat. Setzt
sich der Vorstand über einen solchen Zustimmungsvorbehalt hinweg, bleibt seine
Erklärung nach außen zwar wirksam, im Innenverhältnis begeht er jedoch eine
Pflichtverletzung und kann haftbar gemacht werden.
Gesetzliche Ausnahmen
In
besonderen Fällen, sieht das Aktiengesetz eine Vertretung der AG durch den
Aufsichtsrat vor. Dies gilt vor allem, wenn die AG gerichtlich oder
außergerichtlich gegenüber Vorstandsmitgliedern vertreten werden muss (§ 112 S.
1 AktG). Diese Regelung betrifft auch bereits ausgeschiedene und sogar künftige
Vorstandsmitglieder. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass die Belange der AG
möglichst neutral ohne das Risiko einer persönlichen Befangenheit gewährleistet
werden.
Auch
im Falle einer Führungslosigkeit der Gesellschaft, also wenn etwa der Vorstand
abgetaucht ist, können Erklärungen auch gegenüber dem Aufsichtsrat abgegeben
und zugestellt werden.
Darüber
hinaus ist der Aufsichtsrat in bestimmen Einzelfällen auch befugt, die AG
gegenüber Dritten zu vertreten. So kann er unter anderem zur Erfüllung
jedenfalls bestimmter Überwachungsaufgaben Sachverständige beauftragen und dem
Wirtschaftsprüfer den Prüfungsauftrag erteilen.
Weitere Ausnahme gemäß BGH-Urteil vom
15.01.2019
Der BGH
hat in seinem Urteil vom 15.01.2019 eine weitere Ausnahme geschaffen, in der
die AG nicht durch den Vorstand, sondern durch den Aufsichtsrat vertreten wird.
Diese Ausnahme kommt jedenfalls dann zur Anwendung, wenn die AG Geschäfte mit
einer anderen Gesellschaft abschließt, deren einziger Gesellschafter ein
Vorstandsmitglied ist.
Dieser
Sachverhalt ist eigentlich nicht vom dem Wortlaut des § 112 S. 1 AktG gedeckt.
Der BGH hat geurteilt, dass diese Vorschrift trotzdem auch diese Fälle erfassen
müsse. Er hat insofern überzeugend mit dem Schutzzweck der Vorschrift
argumentiert. § 112 S. 1 AktG soll Interessenkollisionen vorbeugen und
eine unbefangene, von sachfremden Erwägungen unbeeinflusste Vertretung der
Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern sicherstellen. Dabei mache es keinen
Unterschied, ob das in Frage stehende Geschäft mit einem Vorstandsmitglied
direkt oder mit einer Gesellschaft abgeschlossen werde, dessen alleiniger
Teilhaber das Vorstandsmitglied ist.