Durch einen Ehevertrag kann der Unterhalt nach der Scheidung
ausgeschlossen werden. Eine solche Regelung kann im Einzelfall aber auch
sittenwidrig sein. Dann ist der Ehevertrag unwirksam. Ändern sich jedoch die wirtschaftlichen
Umstände bei den Beteiligten, kann dies zu einer Neubewertung der
Unterhaltspflicht führen. Dies entschied
der Bundesgerichtshof (BGH) in einer familienrechtlichen Entscheidung (BGH, Beschluss vom 17.03.2021 – XII ZB 221/19.
Hausfrauenehe mit Unterhaltsausschluss
im Ehevertrag
In dem Fall ging es um einen Paar, das 1978
heiratete und einen Ehevertrag vereinbarte. In diesem wurde unter anderem
Versorgungsausgleich und nacheheliche Unterhaltsansprüche ausgeschlossen. Nach der Geburt des ersten von zwei Kindern
gab die Ehefrau ihre Arbeit auf. Eine Berufsausbildung hatte sie nicht. Als die Ehe in die Brüche ging und das Paar
sich 2006 trennte, bekräftigten sie in einem weiteren Ehevertrag den Ausschluss
der Ansprüche aus der ursprünglichen Vereinbarung.
„Doppelt hält besser“, dachte sich
vielleicht der Ehemann. Das Amtsgericht Oranienburg sah es anders und verurteilte
Ihn Drei Jahre später bei der Scheidung zur Zahlung von Unterhalt an seine Ex.
Beide Eheverträge hielt das Gericht für sittenwidrig. Als die Frau 2013
erwerbsunfähig wurde und ab 2014 eine Erwerbsminderungsrente bezog verlangte
sie einen höheren Unterhalt. Der Mann hielt dagegen und beantragte die
Herabsetzung des Unterhalts auf null.
Amtsgericht und Kammergericht Berlin entscheiden unterschiedlich
Zunächst lag der Fall beim Amtsgericht
Tempelhof-Kreuzberg in Berlin, das dem Antrag der Frau überwiegend stattgab. Als
nächstes wurde das Berliner Kammergericht angerufen. Dieses reduzierte zwar den
geschuldeten Unterhalts Betrag, was dem man aber wohl nicht ausreichte. Er
erhob Rechtsbeschwerde beim BGH.
BGH bewertet den Ehevertrag neu
Auch der BGH wies darauf hin, dass ein
bereits rechtskräftig als sittenwidrig klassifizierter Ehevertrag unwirksam
bleibt. Im Rahmen des
Abänderungsverfahrens sei jedoch eine Neubewertung möglich, wenn entsprechend
neue Tatsachen vorlägen.
Wörtlich heißt es im amtlichen Leitsatz der
Entscheidung:
„Auch wenn für die erstmalige Bewertung eines möglichen
Rechtsmissbrauchs im Rahmen der Ausübungskontrolle eines Ehevertrags nach § 242 BGB der Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe maßgeblich ist,
kann sich durch die weitere Entwicklung ergeben, dass ein späteres Berufen
seitens des von dem Ehevertrag begünstigten Ehegatten auf eine entsprechende
Regelung i.S.v. § 242 BGB nicht mehr rechtsmissbräuchlich
ist. Dies kann grundsätzlich im Rahmen einer Unterhaltsabänderung nach § 238 FamFG berücksichtigt werden.
Allerdings müssen die Voraussetzungen des § 238 FamFG
erfüllt sein, um eine abweichende Bewertung der Ausübungskontrolle aus der
abzuändernden Entscheidung zu erreichen. Es müssen mithin Tatsachen vorgetragen
werden, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung
zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.“
Zurück nach Berlin – Neubewertung des
Ehevertrags durch das Kammergericht
In der Annahme, dass das Berufen auf den
sittenwidrigen Ehevertrag in diesem Fall womöglich nicht länger rechtsmissbräuchlich
sei, verwies der BGH den Fall zurück an das Kammergericht in Berlin. Dieses
solle berücksichtigen, dass es im Zeitpunkt der ersten Bewertung des
Ehevertrags darum gegangen sei etwaige ehebedingte Nachteile der Frau
auszugleichen. Diese Kompensation sei wohl vollständig erfolgt und die Frauen
müssen nicht bessergestellt werden als sei sie die Ehe nicht eingegangen.
Aufgrund der Erwerbsminderungsrente sei sie auf den Unterhalt ihres Ex wohl
nicht mehr angewiesen.
Mehr zum Thema: Rechtsanwälte ROSE & PARTNER, Ehevertrag Berlin