Warum werden Leiharbeitnehmer überhaupt schlechter bezahlt
als das Stammpersonal?
Die Regel ist, dass Leiharbeitnehmer das gleiche Entgelt,
den gleichen Urlaub erhalten müssen wie das Stammpersonal. So sieht es das
Gesetz vor (§ 9 Ziff. 2 AÜG). Die Realität ist fast immer anders. Die
Beschäftigten von Firmen der Zeitarbeit oder Leiharbeit erhalten weniger als
das Stammpersonal. Das ist zulässig. Einzige Voraussetzung ist, dass Entgelt,
Urlaub und andere wesentliche Arbeitsbedingungen für Leiharbeiter durch einen
Tarifvertrag abweichend geregelt werden. Und von dieser „Ausnahme“ wurde in der
Regel Gebrauch gemacht.
Wer wirkt an dieser Ausnahme mit?
Die Zeitarbeitsbranche ist genau aus diesem Grund die
Branche, für die fast flächendeckend Tarifverträge gelten. Den Arbeitgebern war
es egal, mit welcher Gewerkschaft sie Tarifverträge abschließen. Ob Rot oder
Gelb, Hauptsache weniger als beim Entleiher.
Leiharbeitnehmer konnten daher mehrere Jahre am gleichen
Arbeitsplatz wie das Stammpersonal für viel weniger Geld beschäftigt werden.
Sie mussten sich mit weniger Urlaub zufrieden geben. Sonderzahlungen gab es
kaum.
Manche Gewerkschaften mit Mitgliedern in der
Zeitarbeitsbranche haben Tarifgemeinschaften gebildet. So schlossen sich die
Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD), die Christliche Gewerkschaft Metall
(CGM) zur Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und
Personalserviceagenturen (CGZP) zusammen. Diese hat mit dem Arbeitgeberverband
Mittelständischer Personaldienstleister e. V. sowie der Bundesvereinigung
Deutscher Dienstleistungsunternehmen e. V diverse Tarifverträge ausgehandelt.
Diese sahen vielfach schlechtere Bedingungen vor als parallele Tarifverträge
von ver.di oder anderen DGB-Gewerkschaften, vor allem beim Entleiher.
Ist das nun in Stein gemeißelt?
Nein. Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Beschluss vom
14.12.2010 - 1 ABR 19/10 ) hat entschieden, dass diese Tarifgemeinschaft nicht
tariffähig ist. Alle Tarifverträge dieser Tarifgemeinschaft sind unwirksam.
Und was gilt nun?
Das schreibt das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)
zwingend vor. Für die Leiharbeitnehmer gelten genau die wesentlichen
Arbeitsbedingungen, die auch für das Stammpersonal gelten. Also gleiche Arbeit
gleiches Geld. Galt z. B. im Tarifvertrag der CGZP ein Entgelt von 7,50 Euro und
beim Arbeitgeber, bei dem sie eingesetzt waren, 12,50 Euro, so kann jeder
Leiharbeitnehmer die Differenz von 5,00 Euro/ Stunde geltend machen.
Was genau das im Einzelnen heißt, muss jeder
Leiharbeitnehmer selbst heraus finden. Ein Kontakt z. B. zu den
DGB-Gewerkschaften oder zum Betriebsrat des Entleihers könnte helfen.
Auf die Arbeitgeber der Zeitarbeitsbranche kommen erhebliche
Nachforderungen zu.
Und für welchen Zeitraum kann ein Leiharbeitnehmer die
besseren Bedingungen geltend machen, also Gehalt und Urlaub nachfordern?
Auch das ist schon entschieden. Zwar gelten auch für die
Leiharbeitnehmer die gleichen Arbeitsbedingungen wie für das Stammpersonal. Und
wenn die besseren Tarifverträge gelten, dann auch die darin enthaltenen
Ausschlussklauseln von z. B. drei bis sechs Monaten.
Aber: Das
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz will nur die Leiharbeitnehmer schützen. Für sie
sollen nur die gleichen Arbeitsbedingungen und nicht die gleichen
Arbeitsvertragsbedingungen gelten. Ausschlussklauseln zählen nicht zu den
Arbeitsbedingungen. Diese Entscheidung fällte das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil
vom 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 ). Dazu gehören nur Entgelt, Urlaub etc.
Leiharbeitnehmer können somit mindestens drei Jahre rückwirkend Forderungen
geltend machen.
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