Soziale Medien wie
Facebook oder Twitter sind inzwischen für die meisten Unternehmen ein
unverzichtbares Mittel für die eigene Außendarstellung, für Marketingzwecke und
die Kundenbindung geworden.
Jedenfalls in
mitbestimmten Betrieben ergeben sich aber bei der Nutzung Sozialer Medien durch
den Arbeitgeber eine Reihe von arbeitsrechtlichen Folgefragen und Mitspracherechte des
Betriebsrats. So stellte sich dem Bundesarbeitsgericht schon mehrfach die
Frage, unter welchen Voraussetzungen der Betriebsrat die Nutzung Sozialer
Medien einschränken oder untersagen kann.
„Facebook-Entscheidung“ des Bundesarbeitsgerichts
vom 13.12.2016
Das Bundesarbeitsgericht hatte in seiner sogenannten
„Facebook-Entscheidung“ über einen Antrag des Betriebsrats zu entscheiden, die
Arbeitgeberin dazu zu verpflichten, ihre Facebook-Seite insgesamt abzumelden. Hilfsweise
wurde beantragt, die Arbeitgeberin solle es unterlassen, den Nutzern ihrer
Facebook-Seite die Seite zur Übermittlung von „Postings“ zur Verfügung zu
stellen. Begründet wurde dies damit, dass die Facebook-Seite eine technische
Einrichtung darstelle, die dazu bestimmt sei, das Verhalten oder die Leistung
der Arbeitnehmer zu überwachen (mitbestimmungspflichtig gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6
BetrVG).
Neben dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats - also eine Angelegenheit des Arbeitsrechts - stellten
sich hier vor allem Fragen des Datenschutzrechts und auch, inwieweit die
Arbeitgeberin Postings über Arbeitnehmer auf Facebook möglicherweise bei einer
geplanten Kündigung mit verwerten dürfte.
Streitig war unter anderem auf die Frage, ob
die Arbeitnehmer, die den Facebook-Auftritt betreuten und Beiträge und
Kommentare auf Facebook posteten, bei ihrer Arbeit überwacht werden könnten.
Hierzu hat das BAG entschieden, dass eine Facebook-Seite mit ihren vorgegebenen
Funktionen grundsätzlich keine Möglichkeit bietet, das Verhalten und die
Leistung von Arbeitnehmern zu überwachen. Das Bundesarbeitsgericht hat den
Hauptantrag, Facebook ganz zu deaktivieren, daher abgewiesen.
Anders sah es bei dem hilfsweise gestellten
Antrag aus, das Posten von Besucherbeiträgen ohne das vorherige Einvernehmen
des Betriebsrats zu unterlassen. Diese Funktion musste die Arbeitgeberin
deaktivieren. Besucherbeiträgen eröffneten nämlich den externen Nutzern die Möglichkeit,
über Postings auf der Facebook-Seite der Arbeitgeberin Leistungsbeurteilungen
über individualisierbare und ggf. sogar namentlich benannte Mitarbeiter zu
veröffentlichen. Dadurch könne die Arbeitgeberin das Verhalten oder die
Leistung der Arbeitnehmer überwachen (und damit z.B. negative Bewertungen bei Abmahnungen,
Kündigungen und Kündigungsschutzklagen verwerten). Die Arbeitnehmer stünden
damit unter ständigem Überwachungsdruck.
„Twitter-Fall“
und Anwendbarkeit auf Facebook-Kommentare im Arbeitsrecht
Nicht Gegenstand der Entscheidung war die
Kommentarfunktion von Facebook. Der Antrag des Betriebsrats bezog sich
ausdrücklich nur auf die Deaktivierung der Besucherbeiträge. Die
Kommentarfunktion kann bei Facebook derzeit technisch auch nicht deaktiviert
werden.
Grundsätzlich könnten aber auch über die
Kommentarfunktion Verhaltens- oder Leistungsbeurteilungen über einzelne
Arbeitnehmer gepostet werden. Der vom Bundesarbeitsgericht hervorgehobene Rechtsgedanke
des ständigen Überwachungsdrucks ist auch auf Postings mittels der
Kommentarfunktion übertragbar.
Hier lässt sich leicht eine Parallele zu einer
Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 13.09.2018 (Az. 2 TaBV 5/18)
ziehen: Dort hat das Gericht entschieden, dass die Arbeitgeberin die Nutzung
eines betrieblichen Twitter-Accounts aufgrund der nicht deaktivierbaren
Antwortfunktion bis zur Herstellung des Einvernehmens mit dem Betriebsrat gänzlich
einstellen musste. In der Entscheidung hat das Gericht ausdrücklich
berücksichtigt, dass es sich bei den Antworten auf Tweets der Arbeitgeberin um
„reaktiv“ abgegebene Beiträge der Nutzer handelt – und dennoch eine Stilllegung
des Twitter-Accounts verfügt. Auf der Linie dieser Entscheidung lässt sich
vertreten, dass die ebenfalls „reaktive“ Kommentarfunktion bei Facebook das
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verletzt, mit der Konsequenz, dass die
Nutzung der Facebook-Seite insgesamt zu unterlassen ist.
Eine höchstrichterliche Entscheidung dazu gibt
es in der Sache nicht. Der „Twitter-Fall“ war ebenfalls beim
Bundesarbeitsgericht anhängig (Az. 1 ABR 40/18), das Gericht hat den Antrag des
Betriebsrats aber aus formalen Gründen Ende Februar 2020 für unzulässig erklärt.
Die veröffentlichten Meinungen gehen aber mehrheitlich davon aus, dass das Bundesarbeitsgericht
bei konsequenter Anwendung seiner eigenen „Facebook-Rechtsprechung“ dem
Betriebsrat hätte Recht geben und der Arbeitgeber seinen Twitter-Account hätte
stilllegen müssen.
Zusammenfassung & Handlungsempfehlung
Bei der Nutzung Sozialer Medien durch den
Arbeitgeber stellen sich vielfache arbeitsrechtliche Fragen, sowohl was den
Datenschutz betrifft, als auch hinsichtlich der Verwertung von Bewertungen
einzelner Arbeitnehmer, etwa bei einer Kündigung.
In mitbestimmten Betrieben gibt die aktuelle Rechtsprechung
des Bundesarbeitsgerichts dem Betriebsrat ein erhebliches Druckmittel an die
Hand, da kaum ein Arbeitgeber es sich leisten kann, auf Soziale Medien als
Kommunikationsmittel oder als Vertriebskanal zu verzichten. Eine
„Betriebsvereinbarung Social Media“ kann in solchen helfen, eine Konfrontation
mit dem Betriebsrat zu vermeiden.
Weitere Informationen zur Schnittstelle von Arbeitsrecht und Social Media-Recht finden Sie auf der Internetseite des Autors: Arbeitsrecht, ROSE & PARTNER Hamburg